Webwecker Bielefeld: versuchteabschiebung

Protest gegen versuchte Abschiebung (23.12.2005)



Von Manfred Horn

Erstmalig sollte am vergangenen Dienstag, 20. Dezember, ein Flüchtling gewaltsam in einer Nacht- und Nebel-Aktion abgeschoben werden. Bielefelder Beamte stürmen zu nachtschlafender Zeit um 5.30 Uhr überfallartig eine Wohnung. Gesucht wurden eine Frau im Alter von 23 Jahren und ihre beiden Kinder, die ein und drei Jahre alt sind. Die betroffene Frau Y. lebt seit 16 Jahren in Bielefeld, als Roma wurde sie in Serbien verfolgt.

Das Bielefelder Ausländeramt gibt an, die betroffene Frau zuvor informiert zu haben. Der Flüchtlingsrat widerspricht dem: Nach Aussagen von Frau Y. wurde sie nicht über den Flug unterrichtet. Zwar hätten ihre Eltern die Tür freiwillig geöffnet, aber das Ganze habe einer »überfallartigen Erstürmung« geglichen.

Frau Y. war zu diesem Zeitpunkt gar nicht in ihrer Wohnung. Sie weilte bei dem Vater ihrer Kinder in Düsseldorf. Der Flüchtlingsrat verneint, dass die Frau von Unterstützern versteckt worden sei, um sie vor der Abschiebung zu schützen. »Sie darf sich mit dem Status der Duldung frei in NRW bewegen«.

Seitdem Frau Y. in Deutschland ist, erhielt sie immer nur kurze Duldungen, von einer Woche bis zu einem halben Jahr. Sie und ihre Familie lebt seit Jahren unter dem Damoklesschwert einer Abschiebung. »Wie hält das ein Mensch aus? Wie ist zu ertragen, dass jedes Mal der Gang zur Ausländerbehörde, um die Duldung verlängern zu lassen, damit enden kann, dass der Beantragende in Abschiebehaft genommen und die Familie in kürzester Frist abgeschoben werden könnte?«, fragt der Bielefelder Flüchtlingsrat in einem offenen Brief an Oberbürgermeister Eberhard David und die Ratsparteien.

Frau Y. dürfe mit ihrem Lebenspartner, dem Vater ihrer Kinder, nicht in Düsseldorf, wo er lebt, oder in Bielefeld, zusammenwohnen. Aus Angst vor zusätzlichen Kosten wird das Zusammenleben dieser Familie nicht genehmigt. Frau Y. will auf keinen Fall nach Serbien. Sie spricht nicht die serbische Sprache und weiß, dass sie als Angehörige der Minderheit auch heute dort nicht willkommen ist: Sie wird dort keine Existenzgrundlage finden können, keine Wohnung, keinen Zugang zum Sozial- und Gesundheitssystem. Sie würde wahrscheinlich zusammen mit ihren Kindern ein elendes Dasein in einer Pappkartonhütte am Rande der Stadt fristen.


Der serbischen Sprache nicht mächtig

Der Flüchtlingsrat korrigiert auch die Darstellung der Ausländerbehörde, Frau Y. sei ein Kriegsflüchtling. Sie ist als siebenjähriges Kind vor 16 Jahren mit ihren Eltern und Geschwistern nach Bielefeld gekommen, weil sie in Kosovo als Roma verfolgt wurden. Ihre beiden Kinder sind hier geboren. Nach dem Kosovokrieg konnte sie aus dem gleichen Grund nicht abgeschoben werden, da die Situation der Roma nach wie vor prekär ist, wie auch das Auswärtige Amt bestätigt.(WebWecker berichtete) (ebenso dieser Artikel).

Auch sei es falsch, dass Frau Y. jetzt zur Fahndung ausgeschrieben sei. Ihre Duldung galt noch bis zum 23. Dezember. Der Flüchtlingsrat will von der Ausländerbehörde in Erfahrung gebracht haben, das ihre Duldung verlängert werden soll. Eine Fahndung finde nicht statt.

Der Flüchtlingsrat appelliert an das Ausländeramt, nach »menschlichen Lösungen« zu suchen, trotz der »engen Grenzen, die durch Gesetz und Politik gesetzt werden«. Grundsätzlich gehe es vor allem um eine Veränderung der Gesetze und Vorschriften. Langjährig hier lebende Menschen müssten endlich von der Angst vor Abschiebung befreit werden, indem man ihnen ein Aufenthaltsrecht gibt (WebWecker berichtete).