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abschiebungkarlsruhe01
Abschiebung droht weiter (14.12.2005)
Die Gruppe »Lebenslaute« unterstützte die Mahnwache mit ausgesuchter klassischer Musik
Von Manfred Horn
Am Donnerstag Abend war ziemlich fieses Wetter. Keine guten Bedingungen für eine Mahnwache. Um so erstaunlicher, dass sich rund 50 Menschen vor dem Rathaus versammelten, um gegen Abschiebungen und Kettenduldungen zu protestieren. Aufgerufen hatte der Bielefelder Flüchtlingsrat.
Die Mahnwache sollte die Politiker daran erinnern, »endlich etwas gegen die unmenschlichen Kettenduldungen und die auf sie folgenden brutalen Abschiebungen zu unternehmen«, wie es im Aufruf hieß. Über 200.000 Menschen in Deutschland gelten aus ausreisepflichtig, rund 1.000 davon leben in Bielefeld. Sie sind nur geduldet und können aufgefordert werden, in ihre Herkunftsländer zurückzukehren. Sobald es die politische Situation in den jeweiligen Herkunftsstaaten nach Meinung der deutschen Innenminister zulässt, werden Abschiebungen angeordnet. In Nordrhein-Westfalen startete zuletzt am 12. Dezember eine LTU-Chartermaschine von Düsseldorf nach Istanbul mit Abgeschobenen.
In Bielefeld ist die Situation besonders für fünf Familien prekär. Betroffen sind 30 Menschen, darunter 13 Kinder und Jugendliche. Alle leben schon seit 15 Jahren und länger in Bielefeld. Sie gehören zur ethnischen Gruppe der Ashkali, gelten als Kosovo-Flüchtlinge. Ihre Abschiebung in der nächsten Zeit ist wahrscheinlich. Der Flüchtlingsrat setzt sich seit langem für ein dauerhaftes Bleiberecht ein bisher vergeblich. Eine Familie ist abgetaucht (
WebWecker berichtete
). Die Polizei hat eine aber inzwischen eine Frau aus der Familie festgenommen und in Abschiebehaft verbracht. Möglich, dass sie dort noch bis Januar bleibt, um dann abgeschoben zu werden. »Ich rechne über Weihnachten nicht mit Abschiebungen«, sagt Beate Niemeyer, PDS-Ratsfrau und Mitglied des Flüchtlingsrats. Sie appelliert an die Politiker und die Verwaltung, einen runden Tisch einzurichten. Ein erster Versuch dazu ist gescheiter, weil Oberbürgermeister David meinte, von kommunaler Seite könne eh nichts gemacht werden, berichtet sie.
Innenministerkonferenz ohne Ergebnis
Zeitgleich zur Mahnwache am Donnerstag fand in Karlsruhe die Innenministerkonferenz statt, wo die Innenminister der Länder und des Bundes zusammen kamen. Ein Thema war eine Bleiberechtsregelung für Flüchtlinge, die schon lange in der Bundesrepublik leben. Die Innenminister konnten sich aber nicht einigen, auch nicht auf ein Ende von Kettenduldungen (
WebWecker berichtete
). Mehrere Innenminister argumentierten, es gebe schon genügend Möglichkeiten im Zuwanderungsgesetz aus humanitären Gründen eine Aufenthaltserlaubnis zu erteilen. Außerdem wolle man nicht dazu einladen, »sich mit allen Mitteln einer Aufenthaltsbeendigung zu entziehen«. Auch NRW-Innenminister Ingo Wolf (FDP) hatte einen Vorschlag eingebracht, der aber letztlich scheiterte und den Flüchtlingsinitiativen im Vorfeld schon als zu restriktiv abgelehnt hatten.
Die bundesweite Flüchtlingsorganisation Pro Asyl fordert nun ein Abschiebemoratorium bis zur Einigung der Länder. Das Ergebnis der Innenministerkonferenz sei ein »integrationspolitisches Armutszeugnis«. Das Damoklesschwert der Abschiebung schwebe nun weiter über weit mehr als 100.000 längst integrierten Menschen.
Pro Asyl appelliert an den Deutschen Bundestag, sich seiner Verantwortung zu stellen und eine gesetzliche Altfallregelung zu beschließen. Eine gute Gelegenheit hierfür sei die Anfang 2006 anstehenden Beratungen zur Änderung des Zuwanderungsgesetzes. Das Zuwanderungsgesetz muss unter anderem deswegen überarbeitet werden, da EU-Richtlinien in nationales Recht umgesetzt werden müssen.
Forderung im Regen: Keine Abschiebungen.
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