Webwecker Bielefeld: frauohnekind

Viola Roggenkamp, »Frau ohne Kind. Gespräche und Geschichten – eine Tafelrunde«



Titel: TITEL„Die Geburtenzahl ist in unserem Land weiterhin gesunken. Im Jahr 2002 wurden gegenüber 2001 122.000 weniger Kinder geboren. Warum? Wenn beim Kinderwunschgedanken sich für Frauen sofort riesige Hindernisse auftürmen, wenn es um den Wiedereinstieg ins Berufsleben geht, weil es an Betreuungsangeboten fehlt, werden auch weiterhin gut ausgebildete Frauen kinderlos bleiben.(...) Ein Grund für die Vernachlässigung der Familien ist sicher die Diskriminierung der Frau in ihrer Rolle als Mutter. Gibt man sich als Hausfrau und Mutter zu erkennen, wird man schnell negativ abgestempelt,“ so ein Leserinnenbrief vom 1.4.04 aus der Neuen Westfälischen. Das Forum der Leser garniert mit einem Familienporträt von Pop-Star Sarah Connor mit Partner und Sohn. Wahlweise hätten auch Steffi Graf mit Andrew Agassi und Kindern oder Pop-Ikone Madonna samt Anhang den passender Blickfang geboten. Der Tonfall der Schreiberin klingt anklagend und lässt vermuten, dass sie persönlich vielleicht nicht ganz so glücklich mit ihrer Aufgabe und Rolle als Mutter ist? Stop, diese Interpretation führt sicherlich zu weit, aber es stellen sich doch einige Fragen: Ist es so, wird die Frau, die sich als Hausfrau und Mutter outet, gesellschaftlich diskriminiert? Eine Aussage, die angesichts aktueller Debatten und politischer Diskussionen um Rentenkürzungen für Nichtmütter oder kinderlose Ehepaare nach dem Motto: Strafe muss sein, wenn die biologische (und gesellschaftliche) Bestimmung verweigert wird, verwundert. Ist es nicht eher umgekehrt, dass die Frau ohne Kind, die Nichtmutter skeptisch, mitunter abwertend beäugt wird? Oder beneidet die eine die andere ein wenig um das, was sie hat bzw. nicht hat? In jedem Fall ein aktuelles, unter den Nägeln brennendes Thema.
Viola Roggenkamp nähert sich dieser Thematik mit einer wunderbaren Idee stil- und gefühlvoll an. Zur Tafelrunde geladen, festlich ausschweifend bekocht und bewirtet werden zwölf Frauen, unterschiedlich bezüglich des Alters, des Berufes, des Lebensstils, vor und jenseits der biologischen Möglichkeit, schwanger zu werden. Ihnen gemeinsam ist, dass sie alle bis dato kinderlos geblieben sind. Es wird sehr persönlich, pointiert bis provokativ, erzählt, zugehört, ausgetauscht, debattiert, der Tonfall und die Stimmung wechselt von heiter, witzig, über traurig, enttäuscht zu zornig und wütend, das eine schließt das andere nicht aus. Jede hat andere Gründe für ihre (vorläufige), nicht unbedingt einfache Entscheidung gegen ein eigenes Kind. Die Ursache für die Verweigerung der Mutterrolle schlicht in mangelnden Betreuungsangeboten für die lieben Kleinen oder dem vermeintlich egoistischem Wunsch nach beruflicher Karriere zu suchen, greift zu kurz. Mal fehlt z.B. der Partner, der fähig ist, die Vaterrolle tatsächlich anzunehmen und zu leben.