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Erri de Luca, »Ich bin da«



Titel: Ich bin da„Mama schenkt mir ein paar lange Hosen, sie hat sie auf dem Markt in Resina gekauft, gute Ware, amerikanisch. Sie sind steif, dunkel, ich ziehe sie an und mache die Bewegung, mit der ich sie am Knie zurechtziehe.. „Nun bist du Mann, bringst ein Geld nachhaus“, ja, samstags bringe ich den Lohn, doch von hier bis zum Mannsein, da fehlt noch viel. Erst mal ist die Stimme weg, und ich klinge heiser.“
Erri de Luccas Geschichte spielt in einem der ärmsten Stadtteile Neapels, in Montedidio nach dem Ende des Zweiten Weltkrieges Ein Dreizehnjähriger im Übergang, die Kindheit ist vorbei, der Schulabschluß erreicht, doch das Neue muss erfahren, ausgelotet werden. Erwachsen zu sein bedeutet mehr, als Geld zu verdienen. Bei Meister Enrico in der Schreinerwerkstatt wird gearbeitet und gelernt, die verschiedenen Handgriffe des Handwerks, den Einsatz der Werkzeuge und vor allem Respekt, Respekt gegenüber dem Material und gegenüber den Menschen. In der Werkstatt gibt es noch Don Raffaniello mit seinen roten Haaren, ohne Lohn repariert er den Ärmsten der Armen die Schuhe, damit sie für den Winter gerüstet sind. Währenddessen sehnt er sich nach einem entfernten Ort und wartet, dass aus seinem Buckel Flügel wachsen. Don Raffaniello vermittelt eine ganz eigene Sicht der alltäglichen Dinge... In dieser Umbruchphase erkrankt die Mutter schwer und muss ins Krankenhaus, die gewohnte Familienstruktur bricht auf, die Eltern sind plötzlich nur noch füreinander da. Der Dreizehnjährige muss neue Aufgaben und Verantwortung übernehmen. Das tägliche Trainieren mit dem Bumerang - ein Geschenk seines Vaters - auf dem Dach erhält zunehmend Bedeutung. Es verleiht ihm Kraft und Geschmeidigkeit, aber auch Selbstvertrauen und Hoffnung. Eines Tages wird er den Bumerang mit einem gekonnten Wurf hoch über Neapels Grenzen hinaus fliegen lassen. Und dann gibt es noch Maria und mit ihr eine erste, ernste Liebe, kraftvoll, traurig und schön, fordernd, manchmal überfordernd. Erri de Lucas Roman „Ich bin da“ liest sich wie ein Gedicht, die Sprache ist einfach, manchmal spröde und gerade deshalb stark und ausdrucksvoll. Die Armut, die Kargheit aber auch die Kraft und das Wollen, diese Verhältnisse zu überwinden, werden mehr als deutlich. Neapel, diese kunterbunte, lebendige Hafenstadt, das Meer, die Hitze, alles überdeutlich, fast spürbar. Erri de Luca ist ein wunderschöner poetischer, gleichzeitig realistischer Roman gelungen, geboten wird mehr als ein Porträt eines Abschieds von der Kindheit, geboten wird ein Einblick in eine besondere Lebensphase mit ihrer ganzen Härte und Gewalt aber auch viel Lebendigkeit und Sehnsucht nach Liebe und Veränderung.
(rk)

Erri de Luca, »Ich bin da«, Rowohlt Verlag, 2004, 127 S., 14,90 Euro

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