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Neue Grenzen (23.06.2004)



Die Bielefelder Verwaltung lässt das im vergangenen Jahr heiß diskutierte Cross-Border-Leasing (CBL) Geschäft fallen. Geplant war, das Schienennetz und weitere zur Infrastruktur der Stadtbahn gehörende Einrichtungen zu verleasen. Nach einem komplizierten System hätte die Stadt dabei 20 Millionen Euro herausholen wollen. Der Deal wäre mit einem us-amerikanischen Investor gelaufen. Doch nun scheinen sich in den USA die Steuergesetze zu verändern.


Von Manfred Horn

Das US-Repräsentantenhaus stimmte am vergangenen Donnerstag nach dem Senat ebenfalls mehrheitlich dafür, das Steuergesetz zu ändern. Damit würden sich die Steuergestaltungsmöglichkeiten der Unternehmen einschränken, unter anderem wären Cross-Border-Leasing-Geschäfte in der heutigen Form nicht mehr möglich. Chuck Grassley, Vorsitzender des Finanzausschusses des US-Senats in Washington, brachte zusammen mit weiteren sieben Senatoren den Gesetzentwurf S-1637 ein. Ziel: Steuermodelle ohne echten wirtschaftlichen Hintergrund sollen nicht mehr anerkannt werden. Denn letztlich waren die Gewinne der US-Investoren und deutscher Kommunen zu Lasten der öffentlichen Hand in den USA gegangen, denen durch dieses Geschäft Steuern entgingen. Für die US-Investoren war Cross-Border-Leasing ein interessantes Modell, um Steuern zu sparen.

Der grenzüberschreitenden Vermietung (»Cross Border«) für 99 Jahre sollte die Rückmietung des Schienennetzes durch die Stadt beziehungsweise des ausgelagerten Verkehrsunternehmens moBiel für zunächst 30 Jahre folgen. Vermieten - zurückmieten: Die Verwaltung ging davon aus, dass durch dieses vertragliche Hin- und Herschieben der Schienen 15 bis 20 Millionen Euro sofort nach Vertragsabschluss auf das Konto der Stadt überwiesen werden. Und zwar deshalb, weil sich die Steuergesetze in den USA und Deutschland bisher deutlich unterschieden. Der US-Investor konnte die Investition in den USA abschreiben. Ein Teil davon – wie viel ist nicht bekannt – verschwand bei solchen Modellen in den Taschen des Investors, ein zweiter Teil – die besagten 15 bis 20 Millionen Euro – hätte an die Stadt Bielefeld überwiesen werden sollen (WebWecker-Schwerpunkt).

Nach Informationen der ›Süddeutschen Zeitung‹ wurden in den vergangenen Jahren 180 solcher Verträge in Deutschland abgeschlossen. Der Abschluss der letzten Verträge datiere jedoch auf Ende 2003, zitiert die ›Süddeutsche‹ Arnd Bühner, Finanzierungsexperte des Wirtschaftsprüfungsunternehmens Ernst & Young. In den vergangenen Monaten hatte sich die gesetzliche Entwicklung in den USA bereits abgezeichnet.

Die Internetseite www.uslease.de bestätigt die Entwicklung am heutigen Mittwoch. Problematisch könnte die Situation für die deutschen Kommunen werden, die bereits CBL-Geschäfte abgewickelt haben. Noch ist nämlich unklar, ob es sogar eine gesetzliche Rückwirkung gibt. Dann wären CBL-Geschäfte, die nach einem Stichtag, der vermutlich im Jahr 2003 liegen würde, getätigt wurden, nicht mehr steuerbegünstigt. Schadensersatzansprüche seitens der US-Investoren könnten auf die Kommunen zukommen.

»Wenn es gemäß der Vorlage des Repräsentantenhauses keine gesetzliche Rückwirkung gibt, bleibt die steuerliche Anerkennung der Einzelfallprüfung in der Betriebsprüfung des Investors überlassen. Insoweit ist vom Leasingnehmer sicher zu stellen, dass er für ein Entfallen des Steuervorteils nicht verantwortlich gemacht werden kann. Anderenfalls sehen die bisherigen vertraglichen Regelungen vor, dass er hierfür in vollem Umfang schadensersatzpflichtig ist«, heißt es auf der Internetseite, die von ›Due Finance‹ betrieben wird. Due Finance hatte noch im vergangenen Sommer die Stadt Bielefeld in Sachen CBL beraten und die Abwicklung des Geschäftes empfohlen.