»Schwierige, aber reizvolle Aufgabe« (Teil 5)
Wir führen momentan eine Budgetdiskussion: Als Beispiel nehme ich mal einen Betrag von 100.000 Euro, der wir nach Baumheide oder Schildesche geben. Wir bilden dann da ein Bürgerforum, welches dort die Bezirksvertretung berät. Die Bezirksvertretung entscheidet dann abschließend, was mit den 100.000 Euro passiert: Für Jugendkulturarbeit, für Ferienspiele, für Sprachförderangebote oder für Betreuungsangebote. Wenn sie sich entscheiden, aus einem Strauß von Möglichkeiten eine Blume rauszunehmen, dann müssen sie dabei bestimmte Standards beachten, die der Fachausschuss fachlich kompetent vorgegeben hat. Die können dann nicht sagen: Wir machen ein Betreuungsangebot 50 Kinder und eine Erzieherin. Dafür gebe es dann Qualitätsstandards.
Auslagerung von Arbeit in bürgerschaftliches Engagement ist eine Seite. Aber wie kann die Stadt ihre Einnahmeseite stärken? Die Gemeindefinanzreform verläuft sehr schleppend. Welche Möglichkeiten sehen sie, dass Kommunen zukünftig wieder besser unterfüttert sind?Die Kommunen werden angesichts der Tiefe des Schlamassels, in dem sie stecken, wohl nicht mehr die Kraft haben, sich ganz alleine daraus zu befreien. Wir sind darauf angewiesen, dass hier vernünftige Rahmenbedingungen gesetzt werden. Ich sehe das aber nicht so pessismistisch wie Sie: Die Arbeitsgruppe zur Gemeindefinanzreform hat das Ziel, vor der Sommerpause ein Konzept vorzuschlagen, nach der Sommerpause soll das dann in das Gesetzgebungsverfahren. Der Mainstream in der Kommission verfolgt dabei das richtige Modell, das auch der Städtetag verfolgt. Ich hoffe sehr, dass sich dieses durchsetzt. Dieses Modell sieht vor, dass wir schon ab Anfang 2004 zu veränderten finanziellen Rahmenbedingungen für die Kommunen kommen können. Das würde uns hier in Bielefeld das Leben deutlich erleichtern. Ich werde aufmerksam beobachten, wer im Bundesrat das dann wieder torpediert. Es handelt sich dabei um zustimmungspflichtige Gesetzesvorhaben. Ich hoffe sehr, dass wir hier nicht wieder neue Boykottaktionen von Parteien im Bundesrat erleben werden.
Für die Stadt selber müssen wir als erstes das Ziel verfolgen, wieder in ein genehmigungsfähiges Sicherungsverfahren zu kommen. Bielefeld stellt sich im Moment als der Landesmeister im Haushaltsabstieg dar: Vor zwei Jahren hatten wir noch einen ausgeglichenen Haushalt und sind letztes Jahr in das Haushaltssicherungsverfahren gegangen. Dieses mit den Stimmen der SPD. Die SPD hat die schwierigen Zeiten erkannt und wollte verantwortungsvoll zu stehen. Und in diesem Jahr sind wir noch nicht mal mehr im genehmigungsfähigen Haushaltssicherungsverfahren. Man kann das vergleichen mit: Erst gings uns ganz gut, dann waren wir in der Insolvenz und jetzt sind wir dabei, dass das Insolvenzverfahren mangels Masse überhaupt nicht mehr eröffnet werden kann. So schnell ist noch keine Stadt in NRW in diesen Strudel abgestiegen. Bei uns müssen der Kämmerer und der Oberbürgermeister ihre Hausaufgaben vernünftig machen. Dort existiert zur Zeit eine mittelfristige Finanzplanung, bei der ganz wesentliche Effekte noch nicht eingestellt sind: Dass, was sich aus dem Hartz-Konzept, aus der Zusammenführung von Arbeitslosenhilfe und Sozialhilfe an positiven Effekten für den Haushalt ergeben kann und dass, was sich aus einer Reform der Gewerbesteuer ergeben kann. Die tun so, als gäbe es das nicht.