Einige Projekte, die die Stadt nicht mehr bezahlen kann, werden inzwischen in bürgerschaftlichem Engagement betrieben. Wie würde eine SPD-Stadtregierung sich zu diesem bürgerschaftlichem Engagement stellen, wie würde sie es unterstützen?Es gibt zwei Formen von bürgerschaftlichem Engagement, die zusammengehören, die man aber getrennt beschreiben muss. Die erste ist, dass Bürger über ehrenamtliches Engagement bestimmte Aufgaben erledigen, die bis dahin professionell erledigt wurden. Dass kann vom Kassenwart am Freibad bis zum Laubharken auf dem Sportplatz gehen. Das zweite ist, dass wir die Stadt auch als eine politische Gemeinschaft und Gesellschaft betrachten müssen. Hier haben wir zu thematisieren, wie kann es uns gelingen, die Bürgerinnen und Bürger wieder dazu zu bringen, diese Stadt als ihre Stadt zu betrachten und sich an den hier anstehenden Entscheidungen auch bürgerschaftlich zu beteiligen. Und nicht nur dann, wenn es darum geht, ob eine Straße vor der eigenen Haustür gebaut werden soll. Sondern auch, wenn es darum geht, die Angelegenheiten dieser Stadt insgesamt zu entscheiden.
Wenn Sie heute einen Jugendlichen fragen, was ist eine Bezirksvertretung, dann denkt der, wir reden über Fußball. Ich stelle mir vor, dass man in beiden Bereichen eine Aktivierung dadurch erreichen kann, das wir bestimmte Aufgabenwahrnehmung und bestimmte Entscheidung über Aufgaben aus der Rathauszentrale wegdeligieren runter in die Bezirke und Wohnquartiere und sie an die dort bestehenden Gremien ankoppeln. Hinzukommen könnten dort neue Arten der Beteiligung wie Bürgerforen. Andere Städte sind da viel weiter und viel mutiger. Entscheidungsbefugnisse mit Budgetkompetenz würden runterdelegiert in die Wohnquartiere.
Werden aber nicht durch bürgerschaftliches Engagement reguläre Arbeitsplätze vernichtet? Und: Wie können denn Entscheidungskompetenz und Budget auf der Ebene der Quartiere gewährleistet werden? Wenn die Leute merken, sie haben nichts zu entscheiden, dann machen die auch nicht mit.Zum ersten Punkt: Die bürgerschaftliche Mithilfe kommt da in Betracht, wo die Stadt oder die freien Träger, die das überwiegend organisieren, Angebote vorhalten, die ohne dem gar nicht mehr gingen. Es stellt sich nicht die Frage, ob man Engagement abruft oder ob man jemand nach BAT beschäftigt, sondern es stellt sich die Frage, ob ich Engagement organisieren kann oder das Angebot einstelle. Zur Frage, wie man es sicherstellen kann, dass die Bürgerforen auch tatsächlich Kompetenzen haben: Das müssen wir in Bielefeld mal ausprobieren, in anderen Kommunen gibt es schon Konzepte, die auch erfolgreich praktiziert werden.
Ich habe bestimmte Grenzen durch die Gemeindeordnung, ich kann nicht alles deligieren. Ich will das System gar nicht abschaffen. Ich finde wir haben über die repräsentative Parlaments-Demokratie ein eigentlich ganz gut funktionierendes System. Aber der Rat ist doch frei zu sagen, dass er in bestimmten Bereichen zwar selber entscheidet, aber bevor er entscheidet, den Vorschlag eines solchen Bürgerforums einholen will. Es ist dann aber auch eine Sache der Verlässlichkeit des Rates: Wenn er es einholt, dann kann er in seiner Entscheidung nicht einfach drüber hinweggehen. Ich glaube, wenn sich so etwas einspielt, wenn Bürger merken, dass die parlamentarisch gewählten Gremien auch verlässlich sind und das nicht als Luftblase veranstalten, dann gelingt es tatsächlich, wieder ein Vertrauensverhältnis zwischen Bürgern und Politik, etwas durchaus wechselseitiges, aufzubauen. Es kann dann aber nicht so sein, das Bürgerforen von bestimmten Lobbygruppen instrumentalisiert werden, um ihre eigene Kiste durchzuziehen. Ich wünsche mir Bürgerforen, wo interessierte Bürger, die die Gesamtinteressen ihrer Stadt im Auge haben, ihre Meinung formulieren.