»Der US-Politik können wir kaum etwas entgegensetzen« (Teil 4)
Flüchtlingsorganisationen wie der Bielefelder Flüchtlingsrat bemängeln am Gesetz die Vermischung von Einwanderung und Flucht. Für Flüchtlinge verschlechtere sich die Situation sogar, sie würden von Abschiebung bedroht oder Richtung Illegalität gedrängt, wenn der bisherige Status der Duldung abgeschafft wird. Nach dem neuen Gesetz könnten zum Beispiel die in Bielefeld lebenden knapp 700 Flüchtlinge aus Kosovo, die bereits seit fünf bis zwölf Jahren hier sind, noch leichter abgeschoben werden. Warum kann sich die Bundesregierung nicht ähnlich anderen europäischen Regierungen zu einer pauschalen Legalisierung aller bereits hier lebenden Migranten durchringen?Die Flüchtlingsorganisationen machen es sich entsetzlich leicht. Sie sind eine ganz kleine Gruppe innerhalb unserer Bevölkerung, eine In-Group. Sie mögen in Bielefeld 50, vielleicht 200 Menschen sein. Wenn wir denen folgen würden, würden wir uns gesamtgesellschaftlich in einer völligen Isolation befinden. Und gerade von diesen Flüchtlingsorganisationen würde ich mir wünschen, dass sie die Bundesregierung bei ihrem Versuch, eine bessere Zuwanderungspolitik zu machen, unterstützen. Weil sie begreifen müssen, dass die gesamtgesellschaftlichen Kräfteverhältnisse in unserem Land nicht so sind, dass ihre Forderungen die Chance haben, mehrheitsfähig zu werden. Es ist gut, dass sie ihre Stimme erheben, das gehört zum Spektrum unserer Gesellschaft. Eine SPD kann sich aber nicht auf den Standpunkt dieser Bürgerinitiativen stellen, wenn sie weiterhin Gestaltungsmacht behalten will in unserem Land.
Im übrigen in der Sache ist es natürlich ein Problem, wenn Flüchtlinge lernen, dass die Illegalität etwas Vorübergehendes ist und am Ende wird man schon wieder legal sein. Es wird ein Anreiz für andere geschaffen, es den Legalisierten nachzutun. Da gibt es objektive Grenzen der Möglichkeiten in unserem Land. Aber fast noch wichtiger ist: Diese einzelnen Menschen aus den Flüchtlingsräten sollten sich mal den Diskussionen stellen, denen ich mich in bestimmten Bereichen unserer Bürgerschaft ausgesetzt sehe, was aus Ausländer- und Zuwanderungspolitik angeht. Das tut mir dann immer ein bisschen weh, ganz emotional, wenn ich an solchen Fronten kämpfe, wo ich schon verteidigen muss, das wir überhaupt etwas wie Asyl haben und ich dann auf der anderen Seite als Feind der Flüchtlinge diffamiert werde. Da sehen die Flüchtlingsorganisationen zu wenig über ihre sehr engen Tätigkeitsbereiche hinaus.
Aber berührt sie das Schicksal der Flüchtlinge nicht ganz persönlich?Ich erlebe es ja selber immer ganz praktisch, da sind konkrete Personen vor meinen Augen, wo ich sage, es kann nicht sein, dass die abgeschoben werden. Und wir werden praktisch auch immer einen Weg finden, sie hierzubehalten. Das ist die eine Sache, ich glaube, da werde ich auch als Person in Bielefeld sehr energisch dafür kämpfen, das Problem bleibt nur, dass die SPD eine sehr gefährliche Gratwanderung macht zwischen Einhaltung von humanistischen Grundsätzen und einer Mehrheitsfähigkeit in der Bevölkerung andererseits.