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»Der US-Politik können wir kaum etwas entgegensetzen« (Teil 3)



Günther Beckstein, Bayerns Innenminister, argumentiert, das neue Einwanderungsgesetz der Bundesregierung verhindere Integration, da in Zukunft unkontrolliert viel zu viele neue Migranten kämen, für die Integration der hier lebenden Migranten aber viel zu wenig getan werde. Trotz einiger PR-Kampagnen, unter anderem mit großflächigen Anzeigen in überregionalen Tageszeitungen, ließen sich die Argumente der Bundesregierung für das neue Einwanderungsgesetz kaum in der Bevölkerung vermitteln. Muss einem großen Teil der Bevölkerung latente Ausländerfeindlichkeit unterstellt werden? Ist das der Grund, warum das Thema seitens der SPD im Wahlkampf kaum eine Rolle spielt?

Was Beckstein gesagt hat mit der ungeregelten Zuwanderung ist schlichtweg Unsinn. Und er weiß es auch. Und weil er es weiß und trotzdem sagt kann man schließen, warum er das tut. Er will Ängste mobilisieren bei den Menschen in diesem Wahlkampf und sie auf die CDU/ CSU umleiten in Wählerstimmen. Die Frage ist: Was haben wir dem entgegenzuhalten? Es ist immer sehr viel schwieriger – das hat man schon bei den Debatten um das Staatsangehörigkeitsrecht vor zwei Jahren gesehen – die konkreten Sachargumente dem gegenüber zu stellen. Zum Beispiel, dass es im neuen Zuwanderungsgesetz zusätzliche Einschränkungen gibt, wenn ich an den Nachzug von Aussiedlerfamilien denke. Es ist komplizierter, so zu argumentieren. Gleichwohl tun wir es, müssen es tun.

Nur an einer Stelle hat Beckstein nicht Unrecht, dass muss ich ehrlich sagen: Für die Integration der hier lebenden Ausländer tun wir viel zu wenig. Allerdings ist auch da die CDU nicht sehr glaubwürdig. Sie fordert den Zwang von Deutschkursen. Darüber könnte man mit mir reden. Nur zur Zeit haben wir das Problem, dass wir viel mehr Ausländer haben, die gerne Deutsch lernen würden als Kurse, weil wir nicht das Geld zur Verfügung stellen für ausreichende Deutschkurse. So lange wir das tun nicht tun, ist es verlogen, den Zwang von Deutschkursen zu fordern.


Warum wird das Geld nicht zur Verfügung gestellt?

Das ist nicht ganz so einfach. Erst mal gibt es juristisch ein Problem: die Finanzierung ist Sache der Kommunen. Und da gibt enge finanzielle Grenzen. Das neue Zuwanderungsgesetz schafft das erste Mal die Rechtsgrundlage, dass auch dort der Bund Geld zur Verfügung stellt. Das machen wir, das ist neu und positiv an dem Zuwanderungsgesetz, es reicht aber noch nicht aus. Und Geld ist nicht alles. Wir müssen uns auch von bestimmten romantischen Vorstellungen lösen, was den Integrationswillen von Ausländern angeht.


Aber ist es nicht auch so, dass es ein heißes Thema ist, weil bekanntlich die Hessen-CDU mit ihrer Kampagne gegen den ›Doppelpass‹ die Landtagswahl gewonnen hat? Wenn man so ein Thema anschneidet, besteht da nicht immer die Gefahr, dass Ängste überwiegen?

Völlig richtig. Wir können nur versuchen, sachlich zu argumentieren. Und auf die Chancen hinweisen, die das neue Zuwanderungsgesetz für unser Land bringt. Aber es ist nicht nur in Deutschland, sondern in vielen anderen Staaten, immer ein Problem, das Thema Ausländer und Zuwanderung rational zu diskutieren. Die Mobilisierung von Vorurteilen ist immer einfach. Und die konservative Seite des Landes nutzt dieses immer wieder für sich selbst. Und für uns ist es nicht so einfach dagegen zu halten, mit manchmal viel schwierigeren und komplizierteren, wenngleich richtigen, Argumenten.