Webwecker Bielefeld: Karakoc02

»Wir brauchen eine humane Asylpolitik«



Sabahhatin Karakoc will für die PDS in den Bundestag
Ist engagiert in der Flüchtlingsarbeit: Der PDS-Kandidat Sabahhatin Karakoc







WebWecker: Günther Beckstein, Bayerns Innenminister, argumentiert, das neue Zuwanderungsgesetz der Bundesregierung verhindere Integration, da in Zukunft unkontrolliert zu viele neue Migranten kommen, für die Integration der hier lebenden Migranten aber viel zu wenig getan werde. Kritik aus ganz anderer Motivation heraus übten Flüchtlingsorganisationen wie der Bielefelder Flüchtlingsrat: Sie bemängeln am Gesetz die Vermischung von Einwanderung und Flucht. Für Flüchtlinge verschlechtere sich die Situation sogar, sie würden Richtung Illegalität gedrängt. Was denken Sie über das Zuwanderungsgesetz der Bundesregierung?

Sabahhatin Karakoc: Ich mache im Zuwanderungsgesetz verschiedene Aspekte aus: einmal Zuwanderung an sich, zum zweiten Integration und drittens Asyl-/ Fluchtpolitik. Bezogen auf die Asylpolitik ist es so, dass wir ein humanes Asylrecht brauchen. Die Fluchtursachen müssen bekämpft werden und nicht die Flüchtlinge selber. Bezogen auf die Einwanderung: Es geht darum, dass man den Menschen, die ihren Lebensmittelpunkt hier in Deutschland haben, auch den Zugang am gesellschaftlichen Leben – sozial, politisch, kulturell – gewährt. Meines Erachtens gibt es da wesentliche Defizite. Und Integration: Darunter versteht Herr Beckstein etwas anderes als die PDS. Wohl auch Herr Schily, der von ›Assimilation‹ sprach. Ich finde so ein Wort mehr als unglücklich.

Für mich bedeutet Integration sowohl die eigene Kultur zu bewahren wie auch Aspekte der hiesigen Kultur anzunehmen. Da ist Voraussetzung, dass man Zugang zum gesellschaftlichen Leben hat. Im Zuwanderungsgesetz werden die Kriterien aber überwiegend nach der Nützlichkeit der Einwanderer für die Wirtschaft bestimmt, so dass zu befürchten ist, das eben nicht die Fluchtursachen oder interkulturelle Aspekte im Vordergrund stehen, sondern die wirtschaftlichen. Das ist meines Erachtens der falsche Weg. Ich bin mit dem Zuwanderungsgesetz in seiner jetzigen Form nicht einverstanden.


Aber die PDS hat zwar im Bundestag gegen das Gesetz gestimmt, im Bundesrat aber dafür. Wie erklärt sich das?

Es ist richtig. Man muss da differenzieren. Ideologisch gesehen ist es begrüßenswert, dass alle Parteien – in welcher Form auch immer – letztendlich die Realität Deutschlands als Einwanderungsland akzeptiert haben. Es bleibt da nur die Frage, inwieweit sich das in den Köpfen durchgesetzt hat. Aber sachlich und fachlich gesehen ist es ein schlechtes Gesetz.


Aber wie kann man für ein Gesetz sein, dass man als schlecht klassifiziert?

Weil es ein schlechtes Gesetz ist, war die PDS im Bundestag dagegen. Aber es war abzusehen, dass es im Bundesrat zu den bekannten Auseinandersetzungen und zu dem Theater der CDU kommen wird. Es war zu befürchten, dass wenn die PDS nicht zustimmt, das Gesetz letztendlich gestoppt wird. Man musste sich auch Gedanken darüber machen, wie die Bundestagswahl ausgeht. Dass auf ideologischer Ebene Deutschland ein Einwanderungsland ist, Stoiber als Bundeskanzler aber noch mal ein Schritt zurück gehen könnte.

Letztlich waren wir im Bundesrat dafür, aber verbunden mit konkreten Forderungen. Die haben wir auch durchgesetzt. In den zwei Bundesländern, die denen wir mitregieren, sollen Verbesserungen stattfinden. Sei es die Residenzpflicht betreffend oder auch das Leistungen nicht in Gutscheinen, sondern in bar ausgezahlt werden. Das sind für mich schon beachtliche Ergebnisse.