Noch mal das Beispiel aus Köln. Dort hat es gewisse Erfolge gegeben, 15 Prozent weniger junge Menschen sind arbeitslos, allerdings sind auch 20 Prozent aus der Statistik verschwunden, da sie kein Geld mehr bekommen, weil sie sich dieser Form von Arbeit verweigert haben. Niemand weiß, was aus diesen Leuten geworden ist. Wird da nicht eine neue Miniklasse von völlig Recht- und Geldlosen geschaffen? Das könnte doch auch in Richtung Kriminalität laufen. Ich finde den Einwand sehr plausibel und berechtigt. Mit meiner Frau habe ich gerade in einer längeren Diskussion über diese Thematik gesprochen. Wenn jemand über Jahre arbeitslos ist und Sozialhilfe bezieht, im Prinzip aber arbeitsfähig ist und eine Umschulung, eine Arbeit ablehnt, zahlen wir keine Sozialhilfe mehr. Was macht dann eigentlich diese Person? Führt dieses System nicht dazu wenn wir es konsequent durchziehen würden dass ein abgekoppeltes Milieu entstehen würde in unserer Gesellschaft, was sich auch der Gesellschaft nicht mehr verpflichtet fühlt und was in Richtung Kriminalität und Drogen läuft? Eine Abkoppelung, die nicht nur für diese Personen ein Problem bildet, sondern auch für die Gesamtgesellschaft.
Und deshalb glaube ich was man auch in Bielefeld, aber auch anderen Ortes sehr intensiv tut wir müssen eine Begleitung dieser Maßnahmen haben. Wir können nicht denken, dass Menschen, die zehn Jahre ohne Arbeit waren, nur mit dem Zwangsmittel des Geldentzugs in der Lage sind, um sieben Uhr irgendwo zur Arbeit zu gehen. Da muss es ein umfassendes Konzept der Hilfe dieser Alltagsbewältigung in Arbeit geben. Ich fände es aber auch von einer Gesellschaft ein Stück Gleichgültigkeit, wenn man die Menschen mit der Zahlung von Sozialhilfe befriedet und das war es dann.
Man könnte vermuten, das 90 Prozent der Arbeitslosen auf jeden Fall Arbeit wollen und vielleicht zehn Prozent lieber von Arbeitslosenhilfe oder Sozialhilfe leben. Warum lässt man die nicht einfach in Ruhe? Weil ich nicht bereit bin, Steuern zu zahlen für Leute, die meinen, auf meine Kosten nichts tun zu müssen.
Gut, aber wenn man das als finanzielle Größe betrachtet, ist das wahrscheinlich eine geringe Größe im Vergleich zu den Milliarden, die täglich an der Börse vernichtet werden oder zu dem Kapital der oberen fünf Prozent dieser Gesellschaft. Ich glaube, über das Thema könnte man auch noch mal reden, wie man an bestimmte Vermögen heran kommt, was ich durchaus für sinnvoll halte. Das ersetzt aber durchaus nicht die Grundfrage, ob es eine Gesellschaft zulassen will, das Menschen sagen, ich bin nicht bereit einen Beitrag zu leisten, ihr regelt das schon. Das finde ich nicht akzeptabel. Weil ich glaube, dass damit auch bestimmte Vorbildfunktionen durcheinander gehen. Es ist ja nicht so, dass sich irgendjemand irgendwann entscheidet, ich will lieber von Sozialhilfe leben die mag es auch geben aber viel realistischer ist es doch, dass je länger ein Mensch ohne Arbeit ist, desto geringer auch seine persönlichen Motivationen und Fähigkeiten sich wieder einzugliedern sind. Bis er dann irgendwann für sich subjektiv das Gefühl hat, es ist okay, dass ich von Sozialhilfe lebe und auch innerlich resigniert.
Aber in Wirklichkeit haben diese Menschen ein ganz anderes Ziel. Und bei diesem Ziel muss man ihnen helfen, durch Unterstützung, aber auch durch Druck. Deswegen ist die Faulenzerdebatte für mich eine sehr oberflächliche gewesen. Es geht für mich eher darum, die Personen, die arbeitslos werden, möglichst früh, möglichst schnell zu bekommen und ihnen wieder neue Perspektiven zu geben.