Webwecker Bielefeld: Wend06

»Was die Hartz-Kommission macht, ist goldrichtig« (Teil 4)



Früher gingen arme Menschen in Köln zum Sozialamt und bekamen Hilfe, wenn sie denn Anspruch darauf hatten. Heute sagt der Sprecher des Arbeitsamtes: »Staatlich subventionierte Bettelei ist nicht erwünscht«. Mittels einer Jobbörse versuchen dort Sozial- und Arbeitsamt gemeinsam, die Arbeitslosenzahlen zu drücken. Wer beim Amt aufläuft, kriegt Arbeit, Ausbildung, muss sofort ein Praktikum oder gemeinnützige Arbeit machen. An das süße Gift der Subvention sollen sich die Menschen erst gar nicht gewöhnen, sagt der Sprecher weiter. Auch die REGE, die in Bielefeld für die Arbeitsmarktintegration von Sozialhilfeempfängern zuständig ist, hat bereits angekündigt, verstärkt gemeinnützige Arbeiten zu vergeben. Ist diese Form von Zwangsarbeit die Zukunft, die Arbeitslose erwartet?

Ich würde gerne zwei Antworten dazu geben. Die erste: Ich finde es im Grundsatz so, dass Leistung und Gegenleistung akzeptable Grundlagen sind, so dass jemand, der von der Gesellschaft – jetzt nicht für den Versicherungszeitraum des Arbeitslosengeldes, sondern darüber hinaus – versorgt wird über Sozialhilfe und Arbeitslosenhilfe, dafür eine Gegenleistung bringt. Ich kann mir dafür auch gemeinnützige Arbeit vorstellen. Das ist allerdings nicht die Lösung des Problems. Die Lösung ist die Orientierung auf den ersten Arbeitsmarkt in diesem Bereich. Mein Ziel wäre es nicht, auf Dauer Sozialhilfeempfänger, die arbeitsfähig sind, in gemeinnütziger Arbeit zu beschäftigen. Ziel muss es sein, ihnen eine Perspektive für den ersten Arbeitsmarkt zu eröffnen.


Dann müssten auf dem ersten Arbeitsmarkt aber auch genügend Arbeitsplätze zur Verfügung stehen.

Ja. Deswegen ist es auch falsch, die Hartz-Kommission auf eine reine Vermittlungsgeschichte zu beschränken. Für müssen uns fragen, trägt sie auch dazu bei, neue Arbeitsplätze zu schaffen. Dann sind wir bei dem Thema Erleichterung von Leiharbeit, dann sind wir bei dem Thema der sogenannten Ich-AG, dann sind wir bei den haushaltsnahen Dienstleistungen, die in Zukunft auf 500 Euro-Basis möglich sein sollen mit nur zehn Prozent Pauschalsteuern. Da ist es das Ziel – vor allem im Dienstleistungsbereich, aber auch in der Produktion – Arbeitsplätze zu generieren, die bisher nicht besetzt werden. Weil sie teilweise über Überstunden geregelt werden oder weil teilweise diese Arbeit überhaupt nicht getan wird.


Meiner Ansicht ist aber nicht zu prognostizieren, dass es möglich sein, in den nächsten Jahren alle Personen aus diesem Kreis in den ersten Arbeitsmarkt zu integrieren. Ich denke, in Zukunft wird es immer auch einen Anteil von gemeinnütziger Arbeit geben.

Ja, ich schließe das nicht mehr grundsätzlich aus. Ich finde, wer eine Leistung von der Gesellschaft erhält und eine Gegenleistung erbringen kann, der sollte dieses auch tun. Priorität bleibt allerdings die Integration in den ersten Arbeitsmarkt.