Webwecker Bielefeld: Wend03

»Was die Hartz-Kommission macht, ist goldrichtig«



Rainer Wend im Gespräch
»Ich bin nicht bereit, Steuern zu zahlen für Leute, die meinen, auf meine Kosten nichts tun zu müssen«. Rainer Wend im WebWecker Interview








WebWecker: Herr Wend, Sie sind wirtschaftspolitischer Sprecher der SPD-Bundestagsfraktion. In einer Debatte im März diesen Jahres sagten Sie: »Ich bin mir sicher, dass wir nach einem schwachen Start in der zweiten Jahreshälfte ein Wachstum von über 2,5 Prozent erreichen werden«. Das Ifo-Institut spricht jetzt von einem Wirtschaftswachstum von 0,7 Prozent für 2002. Wo bleibt er denn, der Aufschwung?

Rainer Wend: Ja, der Jahresdurchschnitt von Ifo liegt bei 0,7 Prozent, der des zweiten Halbjahres wird aber vermutlich deutlich darüber liegen.


Aber nicht bei 2,5 Prozent.

Das werden wir abwarten. Das kann man jetzt noch nicht genau sagen. Aber richtig ist, dass die zeitlichen Perspektiven des Aufschwunges sich zu verschieben scheinen ausgehend von den Vereinigten Staaten, wo der erhoffte Aufschwung nicht ins Laufen kommt. Aber es gibt eigentlich niemanden, der zweifelt, dass wir am Beginn eines Aufschwungs stehen.


Natürlich könnte man sagen, bei dem geringen gegenwärtigen Wachstum kann es eigentlich nur mehr werden. Oder betrachten Sie das zyklisch?

Es ist grundsätzlich so, seitdem wir unsere kapitalistische Wirtschaftsordnung haben, bwegt sich die Wirtschaft in Zyklen von Auf- und Abschwüngen. Das wird auch immer so bleiben, unabhängig davon, welche Partei welche Politik macht. Die Frage ist, wie es uns gelingt, mit diesen Zyklen möglichst gut fertig zu werden, was die Arbeitslosigkeit angeht, was das Wirtschaftswachstum angeht.

Was spricht dafür, dass es wieder aufwärts geht? Es sind Zahlen der Wirtschaftsentwicklung, der Direktinvestitionen, vom Verbraucherverhalten, insgesamt vorsichtige positive Signale. Von daher gehe ich einfach davon aus –zusammen mit allen anderen Wirtschaftsinstituten – es mag eine Verzögerung geben. Aber spätestens zum Jahresende hin kommt Bewegung in das Wirtschaftswachstum. Die setzt sich aber nicht automatisch in die Verringerung der Arbeitslosigkeit um.


Die Deutschen - ein Volk von Aktionären. So kann die Altersversorgung und der Urlaub im Süden gesichert werden. Doch dieser große T-Traum währte nicht lange. Organisierte Kleinanleger fordern nun, juristisch gegen die Konzernherren vorgehen zu können. So hätte der Vorstand der Telekom bewusst falsche Versprechungen gemacht, weil er bei steigenden Aktien mehr Geld bekommen hätte. Ist es sinnvoll, den Aktienmarkt zu zähmen? Widerspricht das nicht der Marktlogik von Angebot und Nachfrage?


Also mit der Zähmung des Aktienmarktes ist das so eine Sache. Wenn es nicht so bitter wäre, dass viele Kleinaktionäre gerade bei der T-Aktie, aber nicht nur da, einiges an Geld verloren haben, dann könnte man sogar sagen, dass es ein heilsamen Effekt hat, was sich hier abspielte. Denn wenn man mal zwei bis drei Jahre zurückdenkt, da glaubte man ja plötzlich – vor allem in den neuen Märkten –dass Aktien das Mittel ist, um schnell reich zu werden. Da hat schon damals jeder seriöse Wirtschaftsfachmann gesagt, dass das eine Illusion sein wird.

Heute sehen wir, dass dieser Werteentwicklung der Aktien nicht die realen Werte gegenüber standen, sondern es eine völlig künstliche Überhöhung gewesen ist. Wir müssen deswegen weniger eine gesetzliche Regelung bezogen auf den Aktienverkauf und Kauf schaffen, sondern bei der Bevölkerung muss wieder die realistische Einsicht einkehren, dass die Aktienentwicklung real die Wirtschaftsentwicklung des Unternehmens wiederspiegelt.