Trotzdem war es aber die »Nominierte« Eva Menasse, die vergangenes Jahr mit ihrem Buch »Vienna« durch die Talkshows gereicht wurde, während die Preisträgerin in der Kategorie Belletristik (wer war das noch? wie hieß das Buch noch?) doch ziemlich unterging. Und braucht die Welt wirklich
einen Literaturpreis? Die Leipziger Buchmesse brauchte einen, um sich gegenüber der großen Schwester Frankfurt etwas besser zu profilieren. Gegönnt seis ihr. Und wo wir halt schon mal dabei sind, hier die Preisträger:
V.l.n.r.: Ilija Trojanow (Belletristik: »Der Weltensammler«), Ragni Maria Gschwend (Übersetzung: »Aufbrüche« von Antonio Moresco), Franz Schuh (Sachbuch/Essayistik: »Schwere Vorwürfe, schmutzige Wäsche«)
Interessant sind sie sicher alle, diese Preisträger, aber man kann ja nicht alles lesen... Beschränken wir uns also auf den Österreicher Franz Schuh.
Die Form »Essay« hat ja nur wenige Vertreter im deutschsprachigen Literaturgeschehen, und herausragende erst recht kaum. Was ein bisschen schade ist, aber mach was. Heutzutage hat ihre Schwester auf der Spielwiese der selbstgemachten Gedanken, die »Kolumne«, in Wiglaf Droste, Max Gold, Fanny Müller und (jedenfalls eine Zeit lang auch) in Harry Rowohlt zwar würdige und prominente Autoren gefunden, aber so recht dasselbe ist das doch nicht. Lustiger, klar, aber dennoch.
Umso schöner ist es, dass diese alte Form in Franz Schuh wieder einen wirklich Großen gefunden hat, der englischen und französischen »Vorbildern« (denn in diesen Sprachen ist der Essay ja noch ernstlich vorhanden, Susan Sontag z.B. hat kaum anderes geschrieben) ebenbürtig ist. Sperrig, tiefgründig, voller verquerer Gedanken, gegen allen Feuilleton-Mainstream in der Betrachtung der Welt, anstrengend und anstößig: Von dem Mann kann man viel lernen. Wenn einer mal einen Preis verdient hat, dann sicher der.
Sonstiges
Vieles will sich auf Messen als unübersehbar dartun und bewerben. Wenn es auf der Leipziger Buchmesse etwas gibt, das »unübersehbar« ist, dann sind das zwei Dinge: Das Medium »Hörbuch«, dem eine ganze halbe Messehalle gewidmet ist, und »Mangas«.
Hörbuch ist ja OK, damit wird heute ein beträchtlicher Umsatz gemacht, und Märchenplatten (denn viel was anderes sind die ja nicht) hatten wir alle früher, und wenn auf diese Weise Literatur unter die Leute kommt, die sonst nicht in den Genuss kämen, sei das mal dahingestellt.
Aber Mangas? Ja, auch mit den japanischen Comics wird heute viel Umsatz gemacht. Und noch mehr: Die wachsen sich seit einiger Zeit zu einer ganz eigenen Sub- wenn nicht einer eigenen Kultur aus, die unter ihren Anhängern echte Kreativität provoziert und produziert: Wer in den sechzigern ein Rocker war, machte Musik. Wer heute japanische Comics liebt: zeichnet.
Wer auf sich hält, zeichnet Mangas
Dem trägt die Leipziger Messe nicht nur mit einer (wiederum) ganzen halben Messehalle Rechnung. Samstag und Sonntag waren geradezu Manga-Tage, und wer im Manga-Kostüm ankam, wurde kostenlos reingelassen, jedenfalls gab es entsprechende Gerüchte. Die glaubhaft sind, denn überall liefen also Jugendliche in merkwürdigen bunten selbstgeschneiderten Kostümen und mit Mäuseohren auf dem Kopf rum, von denen »man« als alter Kulturfuzzi, der Bücher traditionell lieber von rechts nach links aufmacht statt von links nach rechts, sich nicht gedacht hätte, dass man sie auf einer Buchmesse treffen würde. Jedenfalls nicht in solcher Menge. Und eigene Künstlernamen haben die außerdem. Also auch mal Mangas lesen! Es entgeht einem offenbar was, wenn man das nicht tut!
Eine Skizze von »Elsa San«
Übrigens: Klein und familiär mags da sein, in Leipzig. Bisschen verwirrend aber manchmal auch...: