Norbert Horst bei der Lesung im Leipziger Landgericht
Als wäre es nicht schon ungewöhnlich genug, dass ein Polizist Krimis schreibt, sind Horsts Romane auch sonst von ungewöhnlicher literarischer Qualität. Sichtlich an so Leuten wie Hemingway und Joyce (Horst sagt von sich, dass er den »Ulysses« wirklich gelesen habe) und aber wohl auch am Krimikollegen Wolf Haas, nicht zu reden von »den Schweden« von Sjöwall/Wahlöö bis Mankell geschult, kommen seine Texte sehr schlicht und fast träumerisch, in kurzen Sätzen und mit viel Dialogstakkato daher. Äußerlich »passieren« tut auch nicht eben viel. Halt der Alltag des Polizisten, der einen Mord aufklären muss. Dennoch schafft es Horst, beim Leser ein spannendes und fesselndes »Kino im Kopf« anzuknipsen. Wobei der Kopf, durch dessen Augen man sieht, ganz der des Protagonisten Konstantin Kirchenberg ist. Und nur ganz selten blitzt der »Ich-Erzähler«, mit dem man es hier zu tun hat, tatsächlich mal auf: Irgendwie schafft es Horst, beinahe völlig auf Worte wie »ich« und »mein« und dergl. zu verzichten und sich doch allein in den Gedanken, Beobachtungen, Äußerungen seines Protagonisten zu bewegen. Manchem Leser, mancher Leserin mag Horst auch etwas viel Mitarbeit beim Lesen abverlangen, denn z.B. beim Polizistenjargon ist er quasi gnadenlos: Was eine KTU, der ED, der Pott sein mögen, muss man sich beim Lesen selbst erschließen, wenn man es nicht schon weiß. Im Zweifel erhöht das aber nur den Reiz dieser Romane.
Der Preis der Leipziger Buchmesse
Ein Highlight dieser Messe ist natürlich die seit dem letzten Jahr selbstgemachte Besonderheit, nämlich der »Preis der Leipziger Buchmesse«. Der wird in drei Kategorien verliehen, nämlich Übersetzung, Sachbuch/Essayistik und Belletristik. Jeweils mit 15.000 Euro dotiert, die von Sponsoren kommen, deren Namen hier nichts zur Sache tun. In diesem Jahr war als Festredner zu dieser Verleihung Robert Gernhardt vorgesehen, der aber wegen schwerer Erkrankung (hoffentlich nicht wieder ein Herzinfarkt?!) absagen musste. Der Text seiner Rede war aber anwesend und wurde stellvertretend vom Schauspieler Christian Brückner verlesen, der das auch sehr ordentlich gemacht hat. Er hat nämlich anscheinend die eine oder andere Tonkonserve gehört, wo Gernhardt seine Sachen selber vorliest, und sich sehr nahe an dessen Diktion gehalten.
So weit, so schön. Weniger schön waren aber dies Jahr die äußeren Umstände dieser Preisverleihung. Letztes Jahr, bei der ersten Verleihung, gab es zwar auch einen abgesperrten VIP-Bereich, in den man nur mit Einladung kam. Dafür gabs aber hinter der Absperrung auch noch Stuhlreihen für das niedere Besuchervolk. Die fehlten dies Jahr, so dass ungeladene Gäste sich Stühle aus den Cafeterien ringsum organisieren mussten oder eben stehen. Und auch für geladene Gäste war es nicht immer einfach, an den albern-stiernackigen und kahlgeschorenen »Security«-Leuten vorbeizukommen.
Du kommz hier ned rein! Un sitzn darfzu au nich!
Kaum im zweiten Jahr angekommen tut dieser »Preis« so, als dürfte er schon in der Liga der Großen mitspielen. Gut, ja, das sei ihm gelassen, der »Preis der Leipziger Buchmesse« hat im letzten Jahr einigen Staub aufgerührt.