Wenig hilfreich ist auch, Debatten um die Staatssicherheit in der DDR nicht zu führen, weil dies ja gleich vom Gegner genutzt werden könne. Dafür gibt es zweifelsohne Belege, so wurde Gysi immer wieder in die Nähe der Stasi gerückt. Kurz gesagt: Da muss die PDS durch. Offenheit und Transparenz in der Debatte, sofern es eine gibt, ist nötig. Ein Schatzmeister, der seine Stasi-Vergangenheit geheim hielt, dann auf Druck offenbarte und dennoch gewählt wurde, ist sicherlich kein gutes Zeichen für den Stand der Debatte.
Doch sind die elementaren Fragen dabei überhaupt geklärt? Um was für eine eigene Geschichte geht es überhaupt? Wer war in der DDR für was verantwortlich? Was ist Stalinismus? War der Realsozialismus nichts anderes als forciertes Preußentum auf dem Weg zu einem Kapitalismus? Die meisten Fragen sind bis heute nicht beantwortet, die Geschichte der DDR noch nicht geschrieben. Wohl aber gibt es die vielen Geschichten, die die DDR durchlebt, und teilweise auch durchlitten haben.
Als aus dem Publikum die Frage an Hofmann gerichtet wurde, warum eine Entschuldigung für die Verbrechen, die die SED begangen hat, nicht ins Parteiprogramm aufgenommen würden, antwortete Hofmann, dies sei »nicht zwingend notwendig«, wir seien jetzt 15 Jahre nach dem Ende der DDR. Hofmann steht nicht im Verdacht, die Gruselanteile der DDR-Geschichte zu leugnen. Es ist eher so, dass er eine formale Formulierung in einem Parteiprogramm nicht für nötig hält, solange die Basis sich des Themas bewusst ist.
Offen und unbestimmt?Doch daran kann gezweifelt werden. Die PDS scheint stehengeblieben zu sein dabei, permanent ihre Offenheit und Fähigkeit zur Kritik beweisen zu wollen, indem sie andere sprechen lässt. Die eigenen Beiträge zur Geschichtsaufarbeitung im wahrnehmbaren öffentlichen Diskurs sind eher bescheiden. Das Motto lautet: »Wir müssen nicht immer überall recht haben, auch nicht bei der Geschichtsschreibung«. Und: »Einig sind wir uns darüber auch nicht«. Also ist man irgendwie offen für vieles, macht Beschlüsse, kann sich aber nicht recht positionieren.
Der Diskurs ist aufgemacht, doch wirklich freischwimmen gelingt in ihm nicht. Statt differenzierter Betrachtungsweisen, die zweifelsohne sehr mühevoll wären, sind in Zukunft gar holzschnittartige Lösungen möglich. Denn die PDS hat wie alle anderen Parteien auch hat die Zeichen der Macht in den Augen. Dies gilt nicht zwingend für das einzelne Mitglied, aber für die Spitze der Partei. Denkbar, dass die nächste Generation, die keine Karriere mehr in der DDR vorzuweisen hat, vielmehr nur noch vage Erinnerungen aus Kindertagen pflegt, das Problem ganz einfach löst und sich mit einem Schlag von der DDR-Geschichte lossagt. Die Entsorgung von 40 Jahre komplexem Staatswesen ist die eigentliche Gefahr würde sie doch auch wunderbar zur ideologischen Diffusität der Partei passen, die nicht nur links ist, sondern auf den Weg in die berühmte Mitte der Gesellschaft drängt.