Als wesentlich sieht Hofmann den Bruch mit dem Stalinismus. Dies sei ein Gründungskonsens der PDS. Die innerparteiliche Demokratie in der SED habe nicht funktioniert. Mit Blick auf die Gegenwart stellt er fest: »Im Grundsatz ist der Bruch gelungen«. Beim Stalinismus habe es sich nicht nur um politische Verfolgung, sondern auch um ein Systemkonstrukt gehandelt. Die eigentliche Idee des Sozialismus, den Volkswillen abzubilden, sei in der DDR nicht mehr erkennbar gewesen: Statt der Durchsetzung eines Willens, der sich von unten nach oben herausbildete, habe der einsame Wille der Führung durchgesetzt.
Mandatszeiten begrenztDie PDS hat daraus Konsequenzen gezogen: Mandate sind auf acht Jahre begrenzt, danach folgt eine Pause oder aber eine andere Funktion. Mitglieder müssen sich nicht ihrem Ortsverein anschließen, sondern können frei wählen, in welchem Verein, in welcher Arbeitsgruppe sie sich organisieren. Wie wenig die Partei durchorganisiert ist, zeigte auch der Parteitag in Münster vor fünf Jahren: Damals lehnten rund zwei Drittel der Delegierten einen wichtigen Antrag des Parteivorstandes ab. Der wollte, dass die Partei in bestimmten Fällen ein Ja zu Kriegen mit UN-Mandat sagt, was einen tiefen Einschnitt in das antimilitaristische Verständnis gebildet hätte.
Auch der jüngste Parteitag vor drei Wochen verlief chaotisch. In Dresden sollte die Vereinigung zwischen PDS und WASG festgezurrt werden, doch Teile der Delegierten murrten. 2007 soll die Vereinigung in trockenen Tüchern sein, bis dahin sollten nach der Vorstellung des Parteivorstandes Doppelmitgliedschaften in PDS und WASG möglich sein. Dieser Antrag fiel aber durch, erst bei einer zweiten Abstimmung fand er eine Mehrheit. Aufregung gab es auch um Bernhard Walther, vom Parteivorstand als neuer Schatzmeister vorgeschlagen: Er gestand während des Parteitages ein, inoffizieller Mitarbeiter der Staatssicherheit gewesen zu sein. Zuvor hatte er darüber geschwiegen. Er wurde dennoch mit 68 Prozent gewählt, was wiederum vor allem der WASG sauer aufstoß.
Dabei hat die PDS seit langem beschlossen, dass alle, die für das Ministerium für Staatssicherheit der DDR gearbeitet hatten, dies von sich aus offenzulegen haben. Offenbar wird dem aber nicht immer Folge geleistet. Sicher ist, dass die Verbindungen in die Vergangenheit an dieser Stelle besonders weh tun. Das Ministerium sei nicht das selbsternannte Schild und Schwert der Partei gewesen, dazu gehörte auch die SED, die das Ministerium schuf, betont Hofmann. Was die Sache nochmals schwieriger macht. War der Bezirksleiter der SED weniger verantwortlich für Verbrechen als der Spitzel des Ministeriums? Hofmann fordert deshalb, im Kontext des Ministeriums für Staatssicherheit die Verantwortung der SED zur Debatte zu stellen und damit derjenigen, die in der Partei auf allen Ebenen etwas zu sagen hatten.
Geändert hat die Partei auch ihr Verhältnis zum Antifaschismus: War es vor 1989 vor allem davon geprägt, heroische Abziehbilder antifaschistischer Widerstandskämpfer in der NS-Diktatur abzubilden, die leblos blieben, hat man heute die Denkmäler zumindest ein Stück von ihrem Sockel gekippt. Die Geschichtsschreibung lässt nun auch Widersprüche zu. »Der staatliche Antifaschismus der DDR hat eher Distanzen als Identifizierungen aufgemacht«, sagt Hofmann.
Verändert hat sich auch die Vorstellung eines Sozialismus als ökonomischen System. Der SED sei es gelungen, die Arbeiter von ihren eigenen Betrieben zu entfremden, sagt Hofmann. Die hätten, obwohl es angeblich volkseigene Betriebe gewesen sind, dort nämlich nichts zu melden gehabt. So hätten sie sich auch nicht gewehrt, als ihre Betriebe Anfang der 1990er Jahre abgewickelt oder privatisiert wurden. Heute stellt sich die PDS in ihrer Vision eine Mischung aus Staatsbetrieben, Genossenschaften und Privatwirtschaft vor und geht damit konzeptionell zurück in die 1950er Jahre.