Webwecker Bielefeld: steine01

»Einen Laster voller Steine« (21.12.2005)





Jürgen Hofmann: »In der PDS ist vieles möglich, weil die Mitglieder nicht reglementiert sind. Im Fotohintergrund ist keine Ahnenreihe des Sozialismus zu sehen, sondern die aktuelle Ausstellung in der Bürgerwache, wo die Veranstaltung stattfand


Von Manfred Horn

»Die sozialistische Idee ist durch ihren Missbrauch als Rechtfertigung von Diktatur und Unterdrückung beschädigt worden. Die Erfahrungen der DDR einschließlich der Einsicht in die Ursachen ihres Zusammenbruchs verpflichten uns, unser Verständnis von Sozialismus neu zu durchdenken«, heißt es im Programm der PDS. Doch wie genau geht die PDS mit ihrer Geschichte um? Diese Frage stand am Montag Abend bei einer Veranstaltung der PDS und der WASG im Vordergrund. Eingeladen hatten sich die Bielefelder Genossen Jürgen Hofmann, Historiker und Leiter der Historischen Kommission der Linkspartei.

Der stellte vor gut 30 Zuhörern fest: »Wer Geschichte verdrängt, dem fällt sie auf die Füße«. Die PDS vergisst ihre Geschichte nicht, doch ist sie sich bis heute nicht einig, wie sie zu bewerten ist. Die SED-Führung gestand auf dem Parteitag im Dezember 1989 Fehler ein, berichtet Hofmann. Welche genau, sagt er nicht. Der außerordentliche Parteitag, kurz nach der Maueröffnung abgehalten, markiert die Veränderung der Partei, die über 40 Jahre unangefochten das Land regierte. Zum damaligen Zeitpunkt drohte sie auseinander zubrechen in beliebig viele kleine Linksparteien, die wohl allesamt in der Bedeutungslosigkeit verschwunden wären. Stattdessen entstand die SED-PDS, ab 1990 nur noch PDS.

In dem Chaos dieser Tage gewannen die Reformer die Oberhand, die für eine Weiterführung der Partei unter neuem Namen und verändertem Programm plädierten. Begründet wurde dies mit der Verantwortung, die man zu tragen habe. Zu den Reformern gehörte schon damals Gregor Gysi. »Mit welchem Recht sollten wir uns alle einer politischen Heimat berauben?«, rief er den Delegierten damals zu.

In der Partei, die vor der Wende noch 2,5 Millionen Mitglieder hatte, blieben nach dem 9. November noch diejenigen, die, wie Hofmann formuliert, »sonst nirgends hingehen konnten«. Dazu gehörten Sozialisten in allen Schattierungen, von denjenigen, die die DDR durchaus positiv bewerteten bis hin zu den Reformern, die die Fehler des Realsozialismus in den Vordergrund stellten.


Bezugspunkt Arbeiterklasse

Geschichtlich in den Vordergrund wurde fortan die Arbeiterklasse gestellt, die ausschließliche Traditionslinie des Kommunismus, wie sie noch der ehemalige Staatspräsident Erich Honecker formuliert hatte, wurde durchbrochen. Bei der Fortführung der Partei, die sich dann schließlich in PDS umbenannte, habe die Vermögensfrage nicht im Vordergrund gestanden, betont Hofmann. Da sei nach 1989 kaum noch etwas vorhanden gewesen.

1989 hat die SED-PDS mit ihrer Geschichte gebrochen, zumindest teilweise. Das Eingeständnis von Fehlern durch die neue Führung, inklusive einer Entschuldigung, sollte einen Neuanfang markieren. Doch dies musste sich in den folgenden Jahren bis heute erst in der Praxis beweisen. Denn eine unspezifische Entschuldigung ist schnell dahergesagt. Konnten die Funktionäre innerhalb weniger Wochen überhaupt 40 Jahre Geschichte reflektieren?