Webwecker Bielefeld: zweitstudium

Gebühren für Zweitstudium rechtens (20.07.2005)



Am 14. Juli verhandelte das Verwaltungsgericht Minden erneut über die Klage von Studierenden gegen das Studienkontenmodell in Nordrhein-Westfalen. Nachdem das Gericht im November die Gebühren für so genannte Langzeitstudierende für rechtens erklärte (WebWecker berichtete), hielt es nun auch die Gebühren für ein Zweitstudium für nicht verfassungswidrig.


Von Mario A. Sarcletti

Zum Sommersemester 2004 führte die damalige rot-grüne Landesregierung in Nordrhein-Westfalen Studienkonten ein. Seither müssen Studierende, die die Regelstudienzeit um das anderthalbfache überschritten haben, 650 Euro pro Semester bezahlen. Aber auch Studierende, die bereits über einen ersten berufsqualifizierenden Abschluss verfügen, müssen bezahlen. Es sei denn, sie haben ihr Erststudium zügig absolviert. Das Kontenmodell sieht nämlich vor, dass ein nicht verwendetes Guthaben für Weiterbildung verwendet werden kann.

Das gilt aber nur, wenn sie zum Zeitpunkt der Einführung der Studienkonten oder danach an einer nordrhein-westfälischen Hochschule eingeschrieben waren. Das entschied nun das Verwaltungsgericht Minden. Geklagt hatten zwei Studenten, die ihr Erststudium vor dem 1.April 2004 abgeschlossen haben.

Ein weiterer Kläger hatte sein Erststudium zwar erst im Sommersemester 2004 abgeschlossen, aber leider im falschen Bundesland, nämlich in Sachsen. Auch er muss zahlen entschied das Verwaltungsgericht. »Die Ungleichbehandlung gegenüber Studierenden, die an einer staatlichen Hochschule in NRW studierten und damit ggf. von einem Guthaben auf ihre Studienkonten proftieren könnten«, sei nicht zu beanstanden, heißt es in einer Pressemitteilung des Gerichts. Denn das Studienkontenmodell solle ja ein Anreiz sein, das Erststudium an einer staatlichen Hochschule in NRW zügig zu absolvieren.

»Damit haben wir in NRW eine Landeskinder-Regelung«, kritisiert Stefan Bröhl, Studienkontenberater des AStA der Universität Bielefeld die Entscheidung. Auch die damalige Wissenschaftsministerin Kraft hatte sich gegen eine solche Regelung ausgesprochen, sie aber offensichtlich ins Gesetz hineingeschrieben.

Damit »genießt« der Student aus Sachsen den gleichen Status wie eine Studentin aus Russland, die vor dem Verwaltungsgericht ebenso unterlag. Sie hatte einen ersten berufsqualifizierenden Abschluss in ihrer Heimat erworben. Der Abschluss wird zwar hier nicht anerkannt, zahlen muss sie trotzdem. Der Abschluss berechtige sie zur Berufsausübung in Russland, das Zweitstudium sei lediglich eine »die Berufsperspektiven im Heimatland verbessernde Zusatzqualifikation«.

Dass die Studentin eventuell auch einmal hierzulande arbeiten will, kam dem Gericht nicht in den Sinn. »Die können ja zu Hause bleiben«, beschreibt Stefan Bröhl die Haltung des Gerichts. »Damit wird eine ganz klare bildungspolitische Ausländerdiskriminierung als legitim angesehen und dadurch zementiert«, empört sich Bröhl. Mit dem Urteil würde das Ziel der Internationalisierung der Hochschulen ad absurdum geführt. Die Zahl der Studienplatzbewerber aus nicht EU-Ländern sei bereits im vergangenen Jahr um fünfzig Prozent eingebrochen.

Insgesamt sei die »Einführung von Studiengebühren nach dem unklar formulierten Studienkontenmodell« verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden, so das Gericht. Selbst Absolventen einer privaten Hochschule, die schon für ihr Erststudium bezahlt haben, können so zur Kasse gebeten werden. Die Berufung gegen die Urteile wurde zwar zugelassen, die neue Landesregierung hat allerdings schon angekündigt das Studienkontenmodell zu kippen. Stattdessen soll es ab Sommersemester 2006 Studiengebühren für alle geben.