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Kritik an Riefenstahl-Ausstellung (20.07.2005)



Noch bis Ende August ist in der Samuelis Baumgarte Galerie am Niederwall 10 eine Ausstellung mit Fotographien der umstrittenen Künstlerin Leni Riefenstahl zu sehen. Die 2003 verstorbene Künstlerin geriet über Jahrzehnte nicht nur wegen ihrer Werke in den Blickpunkt in die Öffentlichkeit, sondern auch auf Grund ihrer Zusammenarbeit mit dem Nationalsozialismus. Riefenstahl wollte davon nichts wissen – sie zog sich in den wenigen Interviews zu dem Thema nach dem Krieg auf eine künstlerische Position zurück und gab sich unpolitisch.

In einem offenen Brief kritisiert nun ein Bielefelder Bündnis ›Für eine kritische Kunst‹ die Ausstellung in der Samuelis Baumgarte Galerie. Das Bündnis besteht aus rund zehn Mitgliedern und hat sich anlässlich der Ausstellung zusammengefunden. Auch künftig will man sich einmischen, wenn Kunst eine kritische politische Auseinandersetzung erfordert. Der Galerie am Niedernwall wirft das Bündnis genau dies vor: Man verzichte auf eine kritische Reflektion der Werke. Riefenstahls Filme seien nicht nur von der Reichskasse finanziert und von Adolf Hitler und Propagandaminister Josef Goebbeles beauftragt worden, sondern »entsprechen auch einer Vergewaltigung einer Apparatur , die Politik ästhetisiert und so faschistische Kultwerte schafft«.

Riefenstahls Olympiafilme seien »technisch gesehen unschlagbar«, schreibt das Bündnis weiter – und deswegen im zeitgenössischen Kontext auch so gefährlich. Doch nur eine bahnbrechende neue Filmtechnik fülle einen Film noch nicht mit faschistoiden Kultwerten. Da Hitler Riefenstahl die alleinige künstlerische und auch organisatorische Kompetenz zugesprochen hatte, sei die auch sowohl für die sichtbaren, wie auch für die subtilen Inhalte verantwortlich, schreibt das Bündnis. Die Presseinformation der Galerie beklage jedoch lediglich, dass Leni Riefenstahls Karriere nach dem Zweiten Weltkrieg immer wieder boykottiert wurde, obwohl sie doch zweifach entnazifiziert wurde. »Nach der Auffassung der Veranstalter trifft Leni Riefenstahl keine Schuld an der Verbreitung und Durchsetzung der nationalsozialistischen Ideologie«, urteilt das Bündnis.

Aus Sicht des Bündnisses verharmlosen die in der Ausstellung ausliegenden Schriften Riefenstahl – und sprechen ihr jegliche politische Intention ab. Das Bündnis ist da anderer Meinung: Sie erkennen in Riefenstahl durchaus eine Täterin, gerade Kunst müsse öffentlich behandelt werden, damit sie sich überhaupt reproduzieren kann.


»Faschistische Menschen- und Körperaufassung«

Nun zeigt die Ausstellung nicht die ebenso bekannten wie umstrittenen Filme Riefenstahls während der NS-Zeit, unter denen die Filme zur Berliner Olympiade 1936 herausragen, sondern Fotographie-Zyklen zu den Themen Olympia, Nuba und Unterwasserwelten. »Ihre Nuba-Bilder weichen keinen Deut von einer faschistischen Menschen- und Körperauffassung ab«, schreibt das Bündnis. Der Titel der Fotoreihe impliziere eine repräsentative Darstellung einer Gesellschaft. »Seltsam ist nur, dass es auch in dieser Gesellschaft weder alte, noch kranke, noch müßige Menschen gibt...«, ist dem Bündnis aufgefallen.