Webwecker Bielefeld: vesper01

Die Zukunft beginnt heute (16.05.2005)



Der Bielefelder Michael Vesper ist promovierter Soziologe. 1979 gehörte er zu den Gründungsmitgliedern der Grünen. Seit Mai 1990 gehörte er dem nordrhein-westfälischen Landtag an. Im Juli 1995 wurde er zum Minister für Bauen und Wohnen und zum Stellvertretenden Ministerpräsidenten des Landes Nordrhein-Westfalen ernannt. Seit den Landtagswahlen 2000 ist Vesper Minister für Städtebau und Wohnen, Kultur und Sport. Er kandidiert im Wahlkreis 92.

Michael Vesper setzt sich in seinem Beitrag mit dem demographischen Wandel auseinander, der gerade kreisfreien Städten wie Bielefeld bevorsteht: Die Städte bekommen einen ziemlich tiefsitzenden Bauch, die Verteilung konzentriert sich auf ältere Einwohner. Daraus ergeben sich für Vesper städtebauliche Konsequenzen: So seien in stärkerem Maße Wohnangebote notwendig, die mit Service- und Pflegeleistungen kombinierbar sind, desweiteren brauche es Angebote, die generationenübergreifendes Wohnen möglich machen. Lesen Sie seinen Beitrag.

Mit dem Beitrag von Michael Vesper setzt der WebWecker seine Kolumen von KandidatInnen zur Landtagswahl fort. Weitere Informationen im Schwerpunkt

Chatten Sie mit Michael Vesper auf dem WebWecker: Am Mittwoch, 18. Mai von 11.55 Uhr bis 13 Uhr!








Ein Beitrag von Michael Vesper

Stellen Sie sich einmal folgendes Szenario vor: eine Kleinstadt mit rund fünfzigtausend Einwohnern, die Bevölkerung nimmt beständig zu, das Freizeitangebot ist überwältigend, es gibt Schwimm- und Thermalbäder, zahlreiche Golf- und Tennisplätze, eine Konzerthalle für 7.000 Gäste, städtische Orchester, Theater und Bibliothek, Zweigstellen der dortigen Universität und dazu sogar noch ein künstlich angelegter See. Eigentlich keine schlechte Vorstellung einer städtischen Idylle. Nur, in dieser Stadt leben keine Familien mit Kindern und in den zwei großen Kliniken werden keine Kinder geboren. Dafür gibt es 21 Altenheime. Das Durchschnittalter der Einwohner liegt wohl über siebzig Jahren und wenn man jünger ist als 55, ist man dort eher unerwünscht! Alles Fantasie? Nein, diese Stadt gibt es wirklich, es handelt sich um Sun City in der Nähe von Phönix im US-Bundesstaat Arizona, eine Stadt nur für Senioren, jugend- und kinderlos, erbaut bereits in den sechziger Jahren des vorigen Jahrhunderts. Und: Das Konzept erfreut sich wachsender Beliebtheit bei älteren Amerikanern, ähnliches ist auch in den Niederlanden geplant.

Doch selbst wenn diese Art der »Stadtentwicklung« in Nordrhein-Westfalen unrealistisch ist, müssen wir uns doch mit den Auswirkungen des demographischen Wandels auf die Stadtentwicklung und Immobilienwirtschaft beschäftigen.

Die zentrale Aussage der aktuellen Bevölkerungsprognose des Landesamtes für Datenverarbeitung und Statistik (LDS) für NRW lässt sich so zusammenfassen: Wir werden weniger, älter und bunter, also internationaler. Um dies kurz zu illustrieren:

• Wir werden weniger, das heißt: bis zum Jahr 2020 wird die Bevölkerungszahl in NRW kontinuierlich auf 17,95 Millionen sinken, bis zum Jahr 2040 dann auf 16,86 Millionen Damit wird wieder das Niveau des Jahres 1988 erreicht! Dann muss man sich aber auch fragen: Haben wir damals denn schlechter gelebt? Die Bevölkerungsentwicklung wird regional sehr unterschiedlich verlaufen. Die großen »Verlierer« werden in der Mehrzahl die kreisfreien Städte sein, bis zum Jahr 2020 werden sie insgesamt fast eine halbe Million Bewohner verlieren.

• Wir werden älter, das heißt: das Durchschnittsalter nimmt zu und der Anteil der alten Menschen wird stark anwachsen. In der Bevölkerungspyramide für NRW befindet sich bei den etwa 40-jährigen zur Zeit ein »Bauch«, der sich langsam nach oben verschieben wird. Der Anteil der über 75-jährigen und der Hochbetagten wird stark ansteigen, bis zum Jahr 2040 soll er sich nahezu verdoppeln.