Wir werden bunter: Der Anteil der Menschen mit Migrationshintergrund wird insbesondere in den Städten weiter zunehmen. Bunter bedeutet aber auch, dass die Haushaltstrukturen sich wandeln und individuellere Lebensstile anzutreffen sind.
Was folgt daraus? Patentrezepte kann dazu derzeit niemand liefern. Wir stehen erst am Anfang einer Entwicklung, die die Gesellschaft in wesentlichen Bereichen umwälzen wird. Heute erfolgen die Weichenstellungen. Und dazu gehört auch, dass wir erstmal lernen die richtigen Fragen zu stellen, damit wir dann gemeinsam Antworten suchen können. An dieser Stelle gebührt der Stadt Bielefeld ein großes Lob: In Bielefeld wurde im vergangenen Jahr die landesweit erste »Projektbeauftragte für demographische Entwicklung« angestellt. Damit zeigt die Stadt, dass sie nicht den Kopf in den Sand steckt, sondern auch die Chancen erkennt und nutzt, die dieser tief greifende gesellschaftliche Wandel beinhaltet.
Zu allererst wird es notwendig sein, die Städte als lebenswerte Wohnstandorte zu erhalten und, wo nötig, auch aufzuwerten. So verhindern wir, dass Abwanderung den Trend sinkender Bevölkerungszahlen zusätzlich verschärft. Wir müssen dafür sorgen, dass Städte insbesondere für Familien mit Kindern als attraktive Wohnstandorte gelten können und gleichzeitig die Bedürfnisse einer alternden Bevölkerung in den Blick nehmen.
Die künftige Stadtentwicklung wollen wir dem Leitbild der Nachhaltigkeit anpassen. Kernelemente einer ökologisch und ökonomisch tragfähigen Entwicklung sind zum Beispiel:
- wir wollen die neue Inanspruchnahme von Freiflächen für Siedlungs- und Verkehrszwecke reduzieren,
- das Freiraum- und Grünflächenangebot muss verbessert werden,
- wir wollen umweltschonende Mobilität und
- energiesparende Bauweisen.
Ein großzügiges Freiraum- und Grünflächenangebot sowie der Ausbau einer umweltschonenden Mobilitätsinfrastruktur zum Beispiel kommen Jung und Alt gleichermaßen zugute.
Da die Entwicklung der Bevölkerungszahlen und auch der Wohnflächennachfrage regional sehr unterschiedlich verlaufen wird, brauchen wir Konzepte, die an die Situation vor Ort angepasst sind, sich aber dennoch an dem oben skizzierten Leitbild orientieren. Wir wollen die Städte und Regionen des Landes nicht planerisch über einen Kamm scheren und ihnen ein Gesamtkonzept überstülpen. Dies würde nicht funktionieren. Stattdessen müssen wir uns fragen: Was brauchen die Menschen
vor Ort? In welcher Weise müssen Wohnquartiere innerhalb der bestehenden Siedlungs- und Infrastruktur umstrukturiert werden? Welche Infrastruktur ist erforderlich, wenn in manchen Quartieren verstärkt Seniorenwohnprojekte realisiert werden sollen? Wie müssen Gebäudestruktur und Wohnumfeld beschaffen sein, um starke soziale Unterschiede zu verhindern? Dies mag kleinteilig wirken, aber eine solche Betrachtungsweise wird den regionalen Differenzierungen gerecht. Auf dieser Ebene können dann auch kommunale Kooperationen angestoßen werden.
Der demographische Wandel wird die Bevölkerungsstruktur verändern. Das wird wiederum zu sehr differenzierten Nachfragen auf den Wohnungsmärkten führen: Die Phase des Wohnens im Alter wird länger werden und der Anteil von Wohnungen für Ältere wird größer werden. Und: es wird keine einheitliche Wohnform für ältere Menschen geben, sondern unterschiedliche Modelle, die auf die individuellen Lebensbedürfnisse zugeschnitten sind. Salopp gesprochen: Neben den klassischen »Schlafzimmer/Wohnzimmer/Kind 1/Kind 2/Bad und Küche«-Grundriss wird immer stärker der Grundriss der fidelen Senioren-WG vielleicht der »Rita/Anne/Doris/Gabi/gemeinsame Küche/gemeinsames Bad«-Grundriss treten.