Straffällige haben es schwer, einen Platz in der Gesellschaft zu finden. Das neue Sozialgesetzbuch II baut eine weitere Hürde auf: Wer länger als sechs Monate in einer stationären Einrichtung wohnt, gilt als nicht erwerbsfähig. Damit entfallen auch Fördermöglichkeiten. »Straffälligkeit ist ein Tabuthema. Umso mehr begrüßen wir, dass die betroffenen Menschen mit ihren Problemen im aktuellen Armuts- und Reichtumsbericht der Bundesregierung so ausführlich Beachtung finden«, erklärt Christian Bakemeier, Leiter der Integrativen Hilfen im Evangelischen Gemeindedienst in Bielefeld. Und fügt gleich hinzu: »Wichtig ist, dass diese Aufmerksamkeit von Dauer ist«.
Hinzuzufügen ist auch: Das diese Aufmerksamkeit sich praktisch niederschlägt. Denn nicht-staatliche Hilfeeinrichtungen für Straffällige haben es schwer. So sind die Mittel der Straffälligenhilfe in den vergangenen Jahren immer weiter gekürzt worden, der Bielefelder Verein »Kreis 74« kann ein trauriges Lied davon singen. »Vor, während und nach der Haft gibt es eine Reihe von Hilfeangeboten für die Betroffenen. Staatliche und nicht-staatliche Träger arbeiten dabei Hand in Hand«, erklärt Christian Bakemeier vom evangelischen Gemeindedienst des Johanneswerks. Der Gemeindedienst unterhält in Bielefeld gleich mehrere stationäre, teilstationäre und ambulante Angebote für Menschen, die aus dem Gefängnis kommen.
Bakemeier sagt, es gebe noch viel Verbesserungsbedarf, um Straffällige nachhaltig integrieren zu können. So sei es wichtig, dass die Behandlungs- und Therapieangebote während und nach der Haft noch besser verknüpft würden. Auch müsste die Finanzierung der Angebote längerfristig gesichert und verbessert werden. Wichtig sei es zudem, personelle Ressourcen zu schaffen, um dringend erforderliche präventive Maßnahmen für Jugendliche zu schaffen. So könne der sozialen Verarmung frühzeitig entgegengewirkt werden.
Seit 1. Januar gibt es für diejenigen, die sowieso schon am Rande oder außerhalb der Gesellschaft stehen ein zusätzliches Problem: Das neue Sozialgesetzbuch II (SGB II). In diesem, dass die Ansprüche auf das Arbeitslosengeld II regelt, steht geschrieben, dass wer länger als sechs Monate in einer stationären Einrichtung untergebracht ist, keine Ansprüche auf Hilfeleistungen hat. »Eine Formulierung, die beispielsweise auf Menschen mit Behinderungen, die in Einrichtungen leben, zugeschnitten ist«, erläutert Christian Bakemeier vom evangelischen Gemeindedienst des Johanneswerks. Das Problem aber sei, dass darunter eben auch Strafällige fallen, die nach ihrer Haft in stationären Betreuungseinrichtungen untergebracht sind.
Für die bleibt dann nur noch der Gang zum örtlichen Sozialamt. Sie gelten als nicht erwerbsfähig, entsprechend erhalten sie ihr Geld von der Kommune. Dort aber erhalten sie keine aktive Hilfe, die nach dem SGB II festgeschrieben ist. Diese aktive Hilfe macht eigentlich den Förderaspekt des »Fordern und Fördern«-Konzepts der Bundesregierung aus und meint vor allem Qualifizierungsmaßnahmen. Die stehen Sozialhilfeempfängern nach dem SGB XII, das seit 1. Januar die Ansprüche der Sozialhilfebezieher regelt, im Prinzip auch zu, aber in geringem Umfang. Hinzukommt, dass es aus kommunaler Sicht keinen Sinn macht, die Integration von Menschen in den Arbeitsmarkt zu födern, die offiziell nicht erwerbsfähig sind.