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Alexandre Oler, David Olere, »Vergessen oder Vergeben. Bilder aus der Todeszone«



Titel: Vergessen oder Vergeben. Bilder aus der Todeszone

„Die Transporte kamen und ich muss ehrlich sagen: Wir haben uns bemüht, nicht bei diesen Transporten, bei diesem Dienst zu sein, um erst gar keinen Kontakt zu bekommen. Das Herz ist einem doch geplatzt! Das waren doch gesunde Menschen, die unschuldig ins Gas gekommen sind. Ich sage Ihnen – das war die absolute Tragödie!“, so Henryk Mandelbaum, einer der wenigen Überlebenden des Sonderkommandos (Zitat aus E. Friedler, B. Siebert, A. Kilian, Zeugen aus der Todeszone, 2002). Es gibt wenige Zeugen aus der Todeszone, die wie z.B. Henryk Mandelbaum über die erlebte Tragödie berichten. David Olere ist der einzige Maler, der in das Sonderkommando selektiert wurde, überlebte und in seinen Bildern Zeugnis ablegte. Unmittelbar nach der Befreiung hielt er das Gesehene in mehr als 50 Zeichnungen fest, die Grundlage und Inspiration seines späteren Werkes. David Oleres Bilder dokumentieren den Horror des Lageralltags, die Brutalität und Absurdität der Vernichtung. Zu sehen sind die Erstickten in der Gaskammer, wie sie noch im letzten Augenblick verzweifelt nach Atemluft ringen, Häftlinge des Sonderkommandos, die Leichen aus der Gaskammer schleifen, Vergewaltigung und medizinische Experimente, foltergleich.
Es existiert kein Foto aus dem Innern der Krematorien oder der Gaskammern, die Arbeiten des jüdischen Malers David Olere sind das einzige bildnerische Zeugnis aus dem Innern der Todeszone, das macht diese Arbeiten besonders wertvoll. Er drückt aus, wofür Worte fehlen.
David Olere wurde am 19. Januar 1902 in Warschau in Polen geboren, schon als Jugendlicher studierte er an der Kunstakademie. Mit 16 verließ er Polen, erst lebte er in Danzig, dann in Berlin. Dort arbeitete er für die Europäische Filmallianz als Maler und Bildhauer u.a. für Ernst Lubitsch. 1923 zog er nach Paris, dort arbeitete er für die Filmindustrie und entwarf u.a. Filmplakate für Paramount Pictures.1930 heiratete er Julietta Ventura und wurde französischer Staatsbürger, das Ehepaar zog in einen Pariser Vorort, im selben Jahr wurde der Sohn Alexandre geboren.1943 wurde David Olere nach einer Hausdurchsuchung durch französische Polizei verhaftet.Der Sohn konnte vom jüdischem Untergrund zu Pflegefamilien gegeben werden. Am 2.3.1943 wurde David Olere nach Auschwitz Birkenau deportiert und als Häftling 106144 ins Sonderkommando selektiert.
Zum Sonderkommando gehörten zwischen 1942 und 1945 mehr als 2100 Häftlinge. Sie lebten mit dem Bewusstsein und der Realität, als Augenzeuge der Vernichtung keine Überlebenschance zu haben, von der SS ermordet zu werden. Dennoch überlebten ca. 100 Männer, einige leben noch heute. Perfiderweise wurden gerade jüdische Häftlinge von der SS ins Sonderkommando zur Zwangsarbeit in den Gaskammern und den Krematorien selektiert, vermeintlich zu Mittätern gemacht. Sie mussten den JüdInnen u.a. vor der Vergasung beim Ausziehen helfen, ihnen die Haare abschneiden, die Leichen nach Wertvollem durchsuchen und später beseitigen. Der Einsatz des Sonderkommandos entlastete die eigentlichen Täter, sowohl körperlich, die Arbeit war sehr schwer, als auch psychisch. Im Lager Auschwitz kursierten Gerüchte, dass die Häftlinge des Sonderkommandos für die Gewährung von Privilegien (Nahrung, Kleidung) bereit wären, am Mordprozess mitzuwirken, sie wurden als Verbrecher verurteilt. Das Sonderkommando war vom übrigen Lager isoliert und konnte wenig tun, diese Behauptungen, die sich teilweise bis heute halten, zu entkräften.