Spontandemo nach Vollversammlung (09.02.2005)
Bundesweit gingen am 3. Februar Studierende aus Protest gegen Studiengebühren auf die Straße. Auch in Bielefeld beschlossen etwa 200 Studierende nach einer Vollversammlung spontan ihren Unmut über das Urteil des Bundesverfassungsgerichtes (WebWecker berichtete) und die von einigen CDU-regierten Ländern geplante Einführung der Gebühren auf die Straße zu tragen.Von Mario A. Sarcletti25.000 Studierende demonstrierten in mehreren Städten am vergangenen Donnerstag gegen die Einführung von Studiengebühren ab dem ersten Semester. Diese Gebühren hatte das Hochschulrahmengesetz ausgeschlossen, nur in Ausnahmefällen sollten Studierende für eine akademische Ausbildung bezahlen. In Nordrhein-Westfalen stellen Langzeitstudierende oder Studierende ab 60 eine solche Ausnahme dar und müssen zur Zeit 650 Euro pro Semester an das Land überweisen. Am 26. Januar kippte das Bundesverfassungsgericht aber auch das Verbot von Gebühren für alle, Pläne für deren Einführung liegen in mehreren Bundesländern in der Schublade.
500 Euro pro Semester sind zur Zeit im Gespräch, nach Meinung vieler Experten wird sich dieser Betrag jedoch rasch erhöhen. »Mittelfristig rechne ich zum Beispiel in Bayern und Hamburg mit 2500 Euro«, erklärt auch Christian Baier, Referent für Hochschulpolitik des Allgemeinen Studierendenausschusses (AStA) der Uni-Bielefeld seinen Kommilitonen bei einer Vollversammlung im Audi Max. Etwa 700 der 18.000 Studierenden der Universität sind dem Aufruf des AStA gefolgt.
Die können von Christian Baier erfahren, dass Bayern, Niedersachsen und Baden-Württemberg einerseits Gebühren einführen wollen, gleichzeitig aber die Mittel für die Hochschulen kürzen. Damit bestätigen sie eine Befürchtung der Gebührengegner, dass der Staat die Gebühren als Vorwand nehmen könnte sich sukzessive aus der Hochschulfinanzierung zurückzuziehen. Christian Baier empört sich auch darüber, dass das Ländle gleichzeitig eine BAFöG-Erhöhung fordert. »Der Bund soll erhöhen, damit in Baden-Württemberg Gebühren gezahlt werden können. Das ist eine Frechheit«, spricht Baier Klartext.
Er kritisierte auch die angedachte »Landeskinderreglung« für Bundesländer, in denen keine Gebühren erhoben werden. Danach sollen etwa nordrhein-westfälische Studierende hier weiter gebührenfrei ein Erststudium absolvieren können. »Außerdem sollen hier die besten Abiturienten aus Bayern umsonst studieren können«, erläutert Baier den Vorschlag. »Dass Chancengleichheit so nicht funktioniert zeigt ja die PISA-Studie und die sollten inzwischen auch Minister kennen«, sagt Baier. Die Studie habe gezeigt, dass Schulnoten immer noch von der sozialen Lage der Eltern beeinflusst werden. Somit würde die soziale Ungleichheit fortgesetzt.
Die Forderung des Verfassungsgericht an die Länder nach der sozialen Verträglichkeit von Studiengebühren hält Baier für absurd, denn die könne es nicht geben. »Auch das Modell der nachlaufenden Gebühren ist familien- und gleichstellungspolitischer Schwachsinn«, poltert er. Die Erfahrung in Australien mit diesem Modell, bei dem für das Studium erst nach dem Einstieg ins Berufsleben gezahlt werden muss, zeige, dass Frauen doppelt so lange bräuchten, die aufgelaufenen Schulden abzuzahlen. Immer noch verdienen sie weniger als männliche Kollegen. Sogar volkswirtschaftlich sei das Modell Schwachsinn, sagt Baier, weil die Schulden nach dem Studium vom Konsum abhalten würden.