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Spontandemo nach Vollversammlung (Teil 2)





Die Demonstration erreicht die Stadt: Hier vor dem Parteibüro der SPD



Realtitätsfern findet Christian Baier die Vorschläge des bayrischen Wissenschaftsministers und Gebührenfans Thomas Goppel: Der empfahl Studierenden zur Finanzierung einfach zwei Stunden Nachhilfe geben oder »für 100 Euro pro Monat auf etwas verzichten« sollten. »Siebzig Prozent von uns müssen arbeiten«, zitiert Christian Baier die Sozialstudie des Deutschen Studentenwerks. Und rechnet vor, dass bei Gebühren von 500 Euro die Lebenshaltungskosten von Studierenden um mehr als 13 Prozent steigen würden. Tatsächlich eine beachtliche Inflationsrate für Menschen, die nach der Sozialerhebung des Deutschen Studentenwerks etwa 750 Euro im Monat zur Verfügung haben. Bei diesem Betrag sind nur schwer 100 Euro pro Monat einzusparen.

Ernest Hammerschmidt vom Aktionsbündnis gegen Studiengebühren kritisiert auf der Vollversammlung auch das Verfassungsgericht, das die Lage der Studierenden offenbar ähnlich wie Goppel einschätzt. »Das Gericht hat in seinem Urteil behauptet, dass 500 Euro im Verhältnis zu den Lebenshaltungskosten von nachrangiger Bedeutung seien«, zitiert er aus der Urteilsbegründung aus Karlsruhe. »Das beweist, wie realitätsfern das Urteil zustande gekommen ist«, fügt er hinzu. Eine Realitätsferne, die Hammerschmidt nicht weiter erstaunt. So seien zum Beispiel die Experten des Studentenwerks zwar geladen aber nicht angehört worden.

Nach den Erläuterungen der Profis für Hochschulpolitik hatten die Studierenden das Wort. »Ich fände es doof, wenn wir hier jetzt lange rumsitzen. Wir sollten rausgehen und eine Demo machen, fordert einer und erhält viel Zustimmung. Ein anderer unterstützt ihn: »Es ist jetzt ein Grundsatz gefallen, für den einige lange gekämpft haben«, plädiert auch er dafür den Protest auf die Straße zu tragen. »Es geht nicht um irgendwelche Luftschlösser, die wir fordern. Es geht um die Freiheit der Bildungswahl«, stellt ein anderer fest. »Wir müssen rausgehen und klar machen: Das lassen wir uns nicht bieten«, fügt er hinzu.

Einer sieht die Gebührendiskussion gar als gesamtgesellschaftliches Problem, die Bildung sei nur ein Teilbereich. »Das gehört in einen Kontext mit Hartz IV, wir müssen uns Bündnispartner suchen«, verlangt er. Konsens gibt es darüber nicht, um ein Transparent mit dem Slogan »Kapitalismus abschaffen« gibt es Diskussionen. Es gehe gegen Studiengebühren und nicht gegen den Kapitalismus sagt einer. Stefan Bienefeld, Sachbearbeiter für Bildungspolitik des AStA entgegnet: »Erstens ist es nicht unser Transparent und zweitens schließt das eine das andere nicht aus.«

Schließlich schlossen sich etwa 200 Studierende der Forderung danach an, die Position der Studierenden in die Öffentlichkeit zu tragen und zogen fast zwei Stunden durch die Innenstadt. Vor dem Büro der CDU an der Turnierstraße skandierten sie »Wir sind kein humanes Kapital« und versuchten in das Gebäude einzudringen. Aber auch die SPD in der Arndtstraße erhielt Besuch von den Studierenden. Die hatten anscheinend Christian Baier genau zugehört, der seine Zweifel am Bestand eines gebührenfreien Studiums in NRW hat: »Wer glaubt, dass hier keine Gebühren kommen, ist entweder naiv oder dumm«, hatte er auf der Vollversammlung gesagt. Anscheinend scheinen die meisten Bielefelder Studierenden keine Angst vor Gebühren zu haben. Denn sonst wären wohl mehr gegen sie auf die Straße gegangen. Als das Thema 1997 von der CDU auf die Agenda gesetzt wurde, demonstrierten hier noch 8000. Fast so viele wie am Donnerstag in Hamburg. Dort waren es mit 10.000 die meisten. In der Hansestadt stehen Studiengebühren eben vor der Uni-Tür.