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Rechtsamt sagt »No« zum zweiten Bürgerbegehren (25.08.2004)



Das Rechtsamt stellt die Unzulässigkeit des Bürgerbegehrens zum Erhalt der kommunalen Mehrheit an den Stadtwerken Bielefeld fest: Es sei kein Kostendeckungsvorschlag gemacht worden / SPD und Grüne stellen eigenen Antrag bei der Sondersitzung des Rats am Donnerstag / Die Initiative ›Bielefeld Pro Nahverkehr‹ ruft zu einer Kundgebung vor der Ratssitzung auf und kündigt juristische Schritte an


Von Manfred Horn


Das zweite von der Initiative ›Bielefeld Pro Nahverkehr‹ ist nach Auffassung des Rechtsamts unzulässig. Über 20.000 BielefelderInnen hatten mit ihrer Unterschrift erklärt, sie wollen die Mehrheitsbeteiligung der Stadt Bielefeld an den Stadtwerken erhalten (siehe WebWecker-Schwerpunkt zum Thema). Doch es kann sein, dass diese Unterschriften nichts wert sind.

Das Rechtsamt beurteilt den Text des Bürgerbegehrens vor allem in einem Punkt negativ: Beim Kostendeckungsvorschlag. Die Initiative hatte auf den Unterschriftenlisten geschrieben, dass »bei einem Erhalt der kommunalen Mehrheit an den Stadtwerken Bielefeld GmbH die Erträge des Unternehmens weiterhin mehrheitlich der Stadt Bielefeld zustehen, so dass die haushaltswirtschaftliche Situation der Stadt nicht verschlechtert wird«. Das Rechtsamt nun prüfte den Text, wie vom Gesetz verlangt.

Bürgerbegehren enthält keinen Kostendeckungsvorschlag

Der Kostendeckungsvorschlag soll die Unterzeichner eines Bürgerbegehrens über die finanziellen Folgewirkungen des Bürgerbegehrens unterrichten. Doch hier stellt das Rechtsamt nüchtern fest: Das Begehren zum Erhalt der kommunalen Mehrheit bei den Stadtwerken Bielefeld enthalte keinen Kostendeckungsvorschlag. Nicht weiter schlimm, meint die Initiative ›Pro Nahverkehr‹, was soll schließlich über einen eventuell zukünftig entgangenen Gewinn spekuliert werden. Das Rechtsamt hingegen vertritt die Auffassung, das ein Kostendeckungsvorschlag auch dann notwendig ist, wenn die Folgen eines Bürgerbegehrens zu einem Einnahmeausfall der Gemeinde führen könnten.

Der wirtschaftliche Hintergrund: Verkauft die Stadt ihre Mehrheitsanteile von 50,1 Prozent, dürfte dies einmalig einen Haufen Euros in die Stadtkasse spülen. In dem 2000 abgeschlossenen Vertrag mit den Stadtwerken Bremen – die zu diesem Zeitpunkt 49,9 Prozent an den Stadtwerken Bielefeld erwarben – ist sogar eine sogenannte Put-Option eingebaut: Demnach müssen die Stadtwerke Bremen sogar kaufen, ob sie wollen oder nicht, wenn die Stadt Bielefeld ihren Mehrheitsanteil los werden will. Und zwar zu einem festgelegten Preis von 324 Millionen Euro ohne den Verlust einfahrenden Verkehrsbetrieb moBiel. Die Gegenargumentation der Initiative ›Bielefeld Pro Nahverkehr‹ ist, dass die Stadtwerke jährlich einen Überschuss in Millionenhöhe einfahren und dieser praktisch zur Hälfte in schöner Regelmäßigkeit der Stadtkasse zu Gute komme.


Gerichte sind sich nicht einig

Mit seiner Beurteilung bewegt sich das Rechtsamt auf juristisch wackeligem Terrain. Die Verwaltungsvorlage zitiert selbst ein Urteil des Oberverwaltungsgerichts Münster. Demnach habe das Gericht offen gelassen, ob ein »entgangener Gewinn« einen Kostendeckungsvorschlag erforderlich macht. Das Gericht habe jedoch zu erkennen gegeben, dass dies durchaus in Erwägung zu ziehen sei, wenn ein Kaufpreisangebot für die Gesellschaftsanteile deren Marktwert übersteigt.