Webwecker Bielefeld: hiphop04

Aus für Hip-Hop Büro (Teil 4)



Ein Argument dafür das Projekt zu fördern könnten natürlich die Auswirkungen sein, wenn das Hip Hop Büro dicht gemacht wird. Welche Folgen könnte das für die Stadt haben und welche für die Hip Hop Szene?

Dazu fällt mir ein, dass im Jahr 2001 der Verein »Stadtklar« gegen illegale Farbschmierereien gegründet wurd, fast gleichzeitig hat die Polizei Bielefeld die AG Graffiti ins Leben gerufen, im Volksmund SOKO Graffiti genannt. In diesem Kontext sind Straftaten in den letzten zwei Jahren zurückgegangen. Ich denke aber, dass auch ein Ausstrahleffekt, den das Hip Hop Büro auf andere Jugendzentren und Projekte und insgesamt auf die Jugendszene hatte, dazu beitrug, dass sich die Anzahl der angezeigten Straftaten von 2002 auf 2003 bis zu fünfzig Prozent zurückgegangen ist. Dass es da einen gegenteiligen Effekt geben wird, bin ich ziemlich sicher. Gleichzeitig unterscheidet sich die Hip Hop Szene Mitte der Neunziger wesentlich von der 2004, ich hatte das ja schon angesprochen. Durch Kommerzialisierung aber auch durch Repression ist die Zahl der Aktiven massiv angestiegen, die Möglichkeiten sich als Jugendlicher darzustellen sind aber massiv gesunken, weil da mittlerweile so viele Geschäftsinteressen eine Rolle spielen. Wir haben es inzwischen mit ähnlichen Phänomenen zu tun wie Anfang der 90er Jahre in den USA, genannt Gangsta Rap. Die Stimmung in der Szene ist in den letzte Jahren wesentlich härter geworden. Die Konkurrenz ist stärker geworden, es kommt zu gegenseitigem Abziehen.

Der Druck zu konkurrieren äußert sich eben auch auf die Art und Weise, dass der eine hundert Tags [Namenskürzel Anm.: M.A.S.] macht, der andere muss reagieren und macht auch wieder hundert Tags. Die Spirale, die sich da in Gang setzt, die ist so nicht abzusehen. In meiner jugendkulturellen Zeit Anfang der Neunziger hatte die Szene außerdem sowohl einen pazifistischen Ansatz als auch den Ansatz ohne Drogenkonsum innerhalb einer Jugendszene aktiv zu sein. Und das hat sich massiv geändert. Die Szene ist wesentlich aggressiver und gewalttätiger, der Konsum von Alkohol, Cannabis aber auch härteren Drogen hat stark zugenommen.


Also Bedarf für Sozialarbeit wäre da?

Der Bedarf wäre da, aber bei so einem szenespezifischen Projekt kann man nicht einfach der Szene Sozialarbeit aufdrücken, da hat auch die Szen was dagegen. Denn die Szene existiert ja grade, um sich ein Stück weit von der Erwachsenenwelt abzugrenzen und eigene Erfahrungen zu sammeln, deswegen ist Sozialarbeit auch als Begriff ein nicht gern gesehens Element, weil sie eben wieder wahrgenommen wird als ein Versuch der Erwachsenenwelt Kontrolle auszuüben. Deswegen geht das meiner Meinung nach nur parteilich, also schwerpunktmäßig die Interessen der Jugendlichen zu vertreten und auch ganzheitlich, das heißt diese Jugenkultur als das zu akzeptieren, was sie ist und wie sie von den Jugendlichen gesehen wird und wirklich nur in Prozesse einzugreifen, wenn die Jugendlichen das auch wollen.