Du sprichst die Abendveranstaltungen an: Waren das klassische Konzerte, ich gehe hin, zahle Eintritt und konsumiere oder was waren das für Vernstaltungen?Ich hole da jetzt ein bisschen weiter aus. Es gab so bis 1998/99 eine relativ homogene Szene, das heißt sie war relativ solidarisch. In einer Reihe von Jugendzentren in der Region und hier in Bielefeld, zum Beispiel im AJZ, im Stricker oder auch im Niedermühlenkamp wurden so genannte Jam-Veranstaltungen angeboten. Jam heißt in diesem Kontext, dass dort eine vielfältige Art der Beteiligung möglich war. Über Freestyle Sessions konnte jeder auf die Bühne. Es wurde versucht, dort auch legale Flächen zur Verfügung zu stellen, so dass die Graffitisprayer sich im Rahmen einer solchen Veranstaltung auch darstellen konnten. Das ist dann 98/99 abgebrochen.
Im Rahmen der Kommerzialisierung im Jugendkulturbereich sind dann immer mehr kommerzielle Veranstaltungen mit bekannten Bands angeboten worden, im PC 69 aber auch im Kamp und im Falkendom, wo das Publikum auf die Rolle des Konsumenten reduziert worden ist. Wir haben dann versucht ein altes Projekt zu nehmen und zwar OWL ROCKT und das Konzept zu ändern. Die Jugendlichen konnten sich beim Falkendom für Auftritte bewerben und wir haben dann regelmäßige Veranstaltungen gemacht, wo dann Nachwuchs-Tanzgruppen aber vor allem auch Nachwuchs-Musikgruppen die Möglichkeit hatten, sich zu produzieren und diese Veranstaltungen über das Donnerstagsplenum auch zu planen und mitzugestalten.
Wie wurde das Angebot denn von der Szene in der Region angenommen?Da es ja auch keine vergleichbaren Angebote gab in der Region, ist es ziemlich gut angenommen worden. Im Rahmen des OWL ROCKT Projekts sind zum Beispiel in eineinhalb Jahren etwa sechzig Nachwuchsprojekte aufgetreten und haben diese Veranstaltungen mitgeplant und durchgeführt. Wenn man rechnet, dass das pro Projekt fünf Personen sind, ist das eine relativ große Zahl. Und donnerstags hatten wir im vergangenen Sommer sechzig Personen da.
Legal aktivDu hattest bereits angesprochen, dass ihr auch für legale Graffiti-Flächen gesorgt habt. Was waren die Auswirkungen des Hip Hop Büros für die Stadt und die Bürger dieser Stadt?Insgesamt ist Graffiti ja eine sehr zwiespältige Angelegenheit. Wir haben im Jahr 2003 ein Projekt gegründet, das sich »Runder Tisch legales Graffiti« nennt, und dieses Projekt hatte mehrer Ansätze. Ein Ansatz war den Jugendlichen die Möglichkeit zu geben, sich legal zu engagieren. Als wir das Hip Hop Büro gestartet haben, gab es in Bielefeld keine legale Graffitiszene mehr, es hat sich alles im illegalen Bereich abgespielt. Wir haben dann angefangen legale Aktionen zu organisieren. Daraus ist dann der Runde Tisch entstanden. Das hat dann über eine Kooperationsveranstaltung mit der Jugendpflege, den Graffiti-Filmtagen so richtig Schwung gekriegt. Das sollte auf der einen Seite legalen Sprühern, die ausschließlich legal arbeiten wollten, die Möglichkeit dazu geben.
Auf der anderen Seite Sprühern, die schon im illegalen Bereich aufgefallen waren, die Möglichkeit geben, sich ohne wieder straffällig zu werden in ihrer Jugendszene wieder engagieren zu können und legal aktiv zu bleiben. Drittens sollte es den Jugendlichen, da Graffiti ja ein umstrittenes Thema ist, eine Möglichkeit geben, sich wieder anders nach außen darzustellen, und zwar positiv. Man hat das Phänomen ja auch auf Fußballplätzen, Hooligans sagen ja zum Teil nicht ganz unberechtigt: Man interessiert sich ja nur für uns, wenn wir auf die Kacke hauen, nur dann kommen wir in die Zeitung.