»Troja« Von Harald Manninga
Der homerische Krieg um Troja dauerte zehn Jahre. Wolfgang Petersens Filmversion verkürzt das auf reichlich zweieinhalb Stunden, und das ist auch dicke genug.
Der junge und etwas unbedarfte aber hübsche Trojanerprinz Paris (Orlando Bloom) entführt anlässlich einer Gipfel-Konferenz in Sparta die Prinzessin Helena (Diane Krüger aus Algermissen, wo ihr Vater Hans laut »Bild« gerade nach einem Schlaganfall am Hungertuch nagt), die, blond wie sie ist und entsprechend doof, auch gerne mitkommt. Das gefällt ihrem Gemahl und Spartanerkönig Menelaos (Brandan Gleeson) aber nicht, und zusammen mit seinem machtsüchtigen Bruder Agamemnon (Brian Cox), eine Art Pate der Achäermafia, ruft er die griechischen Brüder aus den andern Stadtstaaten zusammen, um einen Krieg gegen Troja anzuzetteln. Angeblich um Helena zurückzuholen, oder auch um die Schmach zu sühnen, die ihnen angetan wurde, oder irgendwie so. (Die Sachlage ist nicht so ganz klar, spitzt sich aber dann doch etwas zu, nachdem Menelaos in einer der vielen Schlachten fällt und ja nun eigentlich keine Ehefrau mehr braucht.) Unter Mitarbeit des großen aber auch etwas zickigen Kriegers oder wohl besser Söldners Achilles (Brad Pitt) und seiner Myrmidonen (was ist das?) zieht man also los, auf allen Schiffen, die im Mittelmeer nur irgend Platz haben.
Warum da im Grunde rumgemetzelt wird und was sonst noch bei Homer passiert, sollte man in der »Ilias« nachlesen, vorzugsweise in der Übersetzung von Johann Heinrich Voß. Oder wenn mans eilig hat auch in Gustav Schwabs Nacherzählung der »Sagen des klassischen Altertums«. Für den Film ist das nämlich nicht von ernstlich weiterem Belang, hier liegt das Hauptgewicht auf computerisch multiplizierten Massenszenen, banalem Schlachtengetümmel und dümmlichen Dialogfetzen. (»Du hast deinen Vetter verloren, nun hast du mir meinen Vetter genommen. Wann endet das alles?« Und in der Tat, das fragt sich der Zuschauer auch.) Ansonsten ist da noch die Vermutung der Hollywood-Größen, dass das Publikum seit so Dingen wie »Matrix« und »Der Herr der Ringe« offenbar gerade auf wuchtige Effekthascherei steht und keinen Wert auf plastische und ausgearbeitete Charaktere zu legen scheint. Werch ein Illtum!
Götter kommen schon mal gar nicht vor, es sei denn, man wollte Thetis zählen, unbedeutende Flussgöttin und Mutter des Achilles, die passenderweise während ihres Auftritts auch bis zum Rocksaum im Wasser steht. Dafür gibts umso mehr Menschen, geradezu Myriaden von Menschen, die der Übersichtlichkeit halber gut geordnet sind: Männer sind kriegslüsterne Säbelrassler, Frauen sind ängstliche Friedenswinslerinnen, und beide zusammen immer für eine Bettszene gut. Das nicht nur quer durch die Geschlechter (da ist man bei antiken Griechen ja nie so sicher!), sondern auch quer durch die Kriegsparteien und über sonstwelche Grenzen und Konventionen hinweg, so dass auch eine Priesterin des trojanischen Hausgotts Apoll mal ohne viel weiteres zu Feind Achilles in die Pofe steigt. Die Trojaner sind schwarzhaarig, während die Griechen auch schon mal blond sein dürfen, insbesondre die strahlenden Helden, wie z.B. Achilles. Bei der Länge des Films ist gewisse Schablonenhaftigkeit aber sicherlich auch ganz hilfreich, und zwar für alle Beteiligten:
Die Schauspieler brauchen nicht viel Text auswendig zu lernen. Die Kameraleute können sich auf lange Kamerafahrten über Gegend, Menschenmassen, Meer und dergl. konzentrieren. Der Ton braucht im Säbelgerassel keine Schärfen und Feinheiten herauszuarbeiten (warum die dann aber trotzdem bei Bildern von Soldaten, die lustlos übern Sandstrand stapfen, martialischen Marschierschritt untergemischt haben, ist da eher rätselhaft. Oder war denen nur langweilig und sie wollten den Eindruck haben, sie täten auch ein bisschen was für ihr Geld?).<p/>