Ganz Deutschland eine Modellregion? (28.04.2004)
Ein politischer Zwischenruf von Manfred HornGanz Deutschland eine Modellregion? Geht es nach dem Willen des Bundeswirtschaftsministers Wolfgang Clement, so wird aus der Frage bald ein Imperativ. Der Minister, der nur den Vorwärtsgang zu kennen scheint, wenn es um den Abbau von ArbeitnehmerInnen-Rechten geht, will bei der Gelegenheit auch mal eben das ihm lästige Gesetz zu den Ladenöffnungszeiten entledigen.
Das es dabei eine »Modellregion OWL« gibt, kommt Clement zu Paß. Dass eine Ansammlung von Medien und Politikern aus Ostwestfalen weiteren Bürokratieabbau fordert auch. Die Macher der Modellregion OWL warteten in den vergangenen Monaten vergeblich auf ein Zeichen aus Berlin, schließlich sollten die vom NRW-Landtag beschlossenen Sonderregelungen für OWL durch Entsprechendes vom Bund ergänzt werden. Es sollten endlich drei Innovationsregionen entstehen: Neben OWL auch in Bremen und West-Mecklenburg-Vorpommern.
Clement nun legt den fünften Gang ein: Wozu Innovationsregionen mit drohender Evaluierung nach fünf Jahren, wenn doch gleich ganz Deutschland zu einer Modellregion werden kann? Die grundsätzliche Kritik ist bekannt, bei den Vorschlägen wurde nur auf die Interessen von Wirtschaft und Verwaltung gehört. Im Detail mögen sich sicherlich einige sinnvolle, den alltäglichen Ablauf vereinfachende Vorschläge finden. Doch Clement geht es wohl eher um die großen Stücke.
Der Ladenschluss ist in Deutschland seit Jahren ein Thema. Immer wieder das gleiche Spiel: Unternehmerverbände fordern weitere Liberalisierung, Gewerkschaften halten dagegen. Das Pro-Argument: Längere Öffnungszeiten gleich mehr Umsatz gleich mehr Beschäftigung. Das Kontra-Argument: Längere Öffnungszeiten bedeuten nicht mehr Umsatz, sondern weitere Belastungen für die in den Läden Beschäftigten und Verdrängung kleiner Läden, die sich eine nahezu 24-Stunden-Öffnung gar nicht leisten können.
Clement will nun die totale Liberalisierung, Einzelheiten sollten vor Ort geregelt werden. Wer will, soll zukünftig auch um 3 Uhr nachts einkaufen können. Im Ernst: Braucht das irgendjemand? Was passiert, wenn Horten einen Rabatt von 50 Prozent zwischen 2 und 4 Uhr nachts ankündigt? Wer ist dann verantwortlich für übernachtete Arbeitnehmer? Absurd: Wer jetzt nicht zwischen 6 und 20 Uhr einkaufen kann, wird es demnächst auch nicht können.
Die CDU will bei einem verkaufsoffenen Sonntag nicht mitmachen. Ein besonderer, schützenswerter Tag sei dies. Clement hingegen spricht von mehr Freiheit und meint Deregulierung. Er kennt scheinbar nur noch einen Gott: Das Geld.