Einer, der in dem Haus ein und aus ging, war Meinhard Otto Elbing, der immer noch eine zentrale Figur in der ostwestfälischen Neonaziszene darstellt. Jugendfotos von Elbing mit Schiebermütze und Tarnjacke in der Bleichstraße in der Dokumentation entbehren nicht einer gewissen Komik. Weniger komisch ist auf einem Foto zu sehen, wie Polizeibeamte unbeteiligt neben Elbing in der Bleichstraße stehen, während sie auf Fotos auf vorhergehenden Seiten massiv gegen Antifaschistinnen im AJZ vorgehen und andererseits das Haus in der Bleichstraße beschützen.
Das StadtBlatt nannte 1987 die auf eine antifaschistische Aktion gegen das Zentrum der NF folgende sechsstündige Belagerung des AJZ damals den »außerordentlichsten Polizeieinsatz in der Bielefelder Polizeigeschichte«. Die Zitate aus der Presse sind ein weiteres interessantes Stück Bielefelder Stadtgeschichte, auch hier hat sich an den Positionen wenig geändert, nur das Stadtblatt hat inzwischen den Geist aufgegeben.
Auch die Protagonisten dieser Auseinandersetzungen sind heute noch bekannt. Da tauchen die Namen Heinz Haubrock und Horst Kruse auf. Haubrock war damals Polizeidirektor, heute ist er Leiter der Abteilung Gefahrenabwehr und Strafverfolgung bei der Bielefelder Polizei. Horst Kruse, einer der schärfsten AJZ-Kritiker im Zusammenhang mit einem Transparent zum Tode des RAF-Mitglieds Wolfgang Grams in der Dokumentation als »Jagdhund« bezeichnet - war Polizeipräsident, bis er aufgrund der Ermittlungen der Staatsanwaltschaft im Zusammenhang mit der niedrigschwelligen Kontakt- und Beratungsstelle der Drogenberatung an der Wilhelm-Bertelsmann-Straße in den Ruhestand versetzt wurde. Im Zusammenhang mit dem den Ermittlungen folgenden Prozess (
WebWecker berichtete) im vergangenen Jahr, in den Medien »Kruseprozess« genannt, erhielten Kruse und Haubrock viel Unterstützung auch aus linken Kreisen. Auch das ein interessantes Detail, das die Lektüre der Dokumentation von dreißig Jahren AJZ eröffnet.
Ein weiterer Grund, das Buch gerade Neubielefeldern und Eingeborenen, die »damals« noch nicht geboren waren, zu empfehlen, sind die Auseinandersetzungen um Dinge, die heute in der Stadt selbstverständlich sind. So wissen viele nicht, dass der Bau der Stadthalle oder der »U-Bahn« in den 80er Jahren höchst umstritten war, als die Gelder für soziale und kulturelle Aufgaben immer mehr zurückgefahren wurden. Unbekannt ist oft auch, dass viele in Bielefeld heute selbstverständliche Bewegung, wie Öko- oder Schwuleninitiativen, eigentlich im AJZ ihren Anfang hatten.
Das AJZ war, wie die Dokumentation auch durch den Abdruck von Flugblättern zeigt, immer streitbar. Das Buch zeigt aber auch, dass es im Haus immer wieder Streit gab. Auch diese Auseinandersetzungen stehen für bundesweite Diskussionen, nämlich die in linken Zentren. Wie in ähnlichen Häusern wurde immer wieder über das Verhältnis von Politik und Kultur gestritten und vor allem darüber, wie Kultur in einem autonomen Zentrum stattfinden soll. Diese Auseinandersetzung um Konsum, Kommerz und Kundschaft wann wird ein Hausverbot ausgesprochen, wie gehe ich mit sexistischem Publikum oder sexistischer Werbung für Veranstaltungen um gibt es nicht nur im AJZ, in der Dokumentation wird ihr aber (zu Recht) ein breiter Raum gegeben.
Dabei geht es um Fragen wie: Dürfen wir Bands buchen, die im Nightliner vorfahren, wie hoch darf der Eintritt bei Konzerten sein oder darf die Kinogruppe Russ Meyer Filme zeigen, denen Teile des Hauses Sexismus vorwerfen. Interessant dabei ist, wie basisdemokratische Gruppen dabei funktionieren oder eben auch nicht funktionieren. Die Kapitel zu diesen Themen zeigen aber auch, dass es Möglichkeiten gibt, linke Politik und Kultur zu verknüpfen, wie etwa die Ajo-Gruppen Solidaridad oder ReinfunkAnation zeigen.