Im kommenden Jahr erhalten die im Rat vertretenen Parteien eine neue Konkurrentin im Kommunalwahlkampf. Sie heißt »Bürgernähe – Wählergemeinschaft für Bielefeld (BWB)« und will für mehr Transparenz in der Kommunalpolitik sorgen. Am vergangenen Donnerstag wurde sie gegründet.Von Mario A. Sarcletti»Wagt mehr Demokratie«, zitiert der neue Vorsitzende der Wählergemeinschaft, der Garten- und Landschaftsbauer Jan Gehring, zu Beginn der Gründungsversammlung Willy Brandt, um seine Motivation für sein Engagement bei »Bürgernähe – Wählergemeinschaft für Bielefeld (BWB)« zu erklären. Ein anderer aus dem guten Dutzend Gründungsmitglieder der BWB wird deutlicher: »Es muss eine Partei geben, die dafür sorgt, dass in Bielefeld nicht mehr diese Kungelei herrscht«, beschreibt er seine Erfahrungen mit der Kommunalpolitik in der Stadt.
Diese Erfahrung haben auch andere der Anwesenden gemacht. Denn ihnen ist gemeinsam, dass sie sich seit Jahren in Bürgerinitiativen engagieren. Wie auch Enno Linkmeyer, der unter anderem gegen die B66n, für die Delius-Eisbahn und für Bäume für die Sparrenburg aktiv ist. Beziehungsweise im Fall der Eisbahn war. Denn die ist inzwischen Geschichte: Während engagierte Bürgerinnen und Bürger der Stadt ein Bürgerbegehren starten wollten, schufen Bagger vollendete Tatsachen und rissen die Eisbahn ab.
Ähnliche Erfahrungen machte Enno Linkmeyer auch bei seinem Einsatz für den Erhalt der Bäume an der Sparrenburg. Die alten Bäume, die zum Teil Heimstatt für bedrohte Fledermäuse waren, sollten einer »Sichtachse« von der Stadt auf ihr Wahrzeichen weichen. Mehr als zehntausend Bürger waren nicht damit einverstanden, dass mehr als einhundert Bäume gefällt werden sollten. »An dem Tag, an dem wir die Unterschriften übergeben und dafür einen warmen Händedruck bekommen haben, begannen die Baumfällungen«, erinnert sich Linkmeyer. »Genau aus diesen Erfahrungen und Enttäuschungen sage ich, dass wir diese Wählergemeinschaft gründen müssen«, fügt er hinzu.
Bürgerinitiativen würden gar nicht oder erst nach einem Gang vor das Verwaltungsgericht wahrgenommen, lautet der Tenor auf der Gründungsversammlung. »Die Bürgerinitiativen schaffen es doch nicht einmal beschimpft zu werden«, fasst Linkmeyer seine Erfahrungen mit Kommunalpolitikern zusammen. Aber obwohl die Gründungsmitglieder alle aus Bürgerinitiativen – vor allem der gegen die B66n und der für mehr Sicherheit an der Detmolder Straße - kommen, will die BWB keineswegs Plattform für sie sein. Deshalb können die Initiativen auch nicht Mitglied der Wählergemeinschaft werden, es gibt allerdings personelle Überschneidungen. Diese könnten im Wahlkampf noch interessant werden, wenn der Verbund der Bürgerinitiativen »Verein für den Erhalt und die Förderung von Lebensqualität in Bielefeld e.V.« den Kandidaten für die Kommunalwahl im kommenden September Wahlprüfsteine vorlegen will. Die muss dann auch die BWB beantworten.
In der am Donnerstag beschlossenen Satzung beschreibt die Wählergemeinschaft erst einmal ihren Zweck: Der ist die »Entfaltung und Durchsetzung einer demokratischen, transparenten, sozialen und sachbezogenen Kommunalpolitik«. Mit konkreten Inhalten gefüllt werden soll diese Vorgabe bis Mitte März mit einem Wahlprogramm. Mit dem möchte die BWB in den Rat und möglichst viele Bezirksvertretungen einziehen. Dort soll dann von Fall zu Fall entschieden werden, ob in Sachfragen mit anderen Parteien gestimmt wird, grundsätzlich soll die Arbeit »zum Wohle der Bürgerinnen und Bürger Bielefelds« aber parteipolitisch ungebunden sein.