Webwecker Bielefeld: franke 01

»Soziale Sensibilität hinterfragen« (Franke Interview; 20.08.2003)



Horst Franke
Franke: Kein Weg, um eine qualitätsgerechte Versorgung der Patienten zu erlangen.











Horst Franke ist ver.di-Gewerkschaftssekretär im Bezirk Bielefeld-Gütersloh, zuständig für den Fachbereich ›Gesundheit‹ und›Soziale Dienste‹ und damit auch für die Städtischen Kliniken Bielefeld. Die Geschäftsführung der Städtischen Kliniken hat neulich eine neue Gesellschaft gegründet, in die bestimmte Service-Leistungen ›outgesourct‹ wurden. Für MitarbeiterInnen, die in die neue Gesellschaft übernommen wurden, gelten die alten Tarife weiter. Für diejenigen, die in der Service-Gesellschaft neu angestellt werden, jedoch die wesentlich niedrigen Tarife des Hotel- und Gaststättenverbandes. Ein Unding, befindet Franke. Und wendet sich damit auch gegen die Vorschläge Peter Clausens, der in der vergangenen Woche in einem
WebWecker-Interview genau dieses Modell als zwar nicht unproblematisch, aber zukunftsweisend beschrieben hat.


Das Interview liegt auch im PDF-Format zum Herunterladen bereit







Interview: Manfred Horn

Peter Clausen nannte in der vergangenen Woche im WebWecker-Interview als positives Beispiel für das Ausgliedern von Unternehmensteilen die Städtischen Klinken Bielefeld.

Man muss bedenken, dass bei den Beschäftigten, die jetzt nach dem Tarifvertrag des Hotel- und Gaststättengewerbes vergütet werden, Lohn- und Gehaltsabsenkungen in Höhe von 35 bis 40 Prozent vorgenommen wurden . Dies deckt zum Teil nicht mehr das Existenzminimum. Hierin sehen wir eine Ungleichbehandlung gegenüber den anderen Beschäftigten in den Städtischen Kliniken, eine Zweiteilung der Beschäftigten. Wirtschaftlich ist dies im Moment nicht zu begründen, da in der neu gegründeten Gesellschaft nur wenige Beschäftigte sind. Es scheint hier mehr eine ideologische Linie vorgegeben zu werden: der Wirtschaftsliberalismus in Reinkultur ohne soziale Verantwortung.

Welche Beschäftigten sind den überhaupt in der neu gegründeten Gesellschaft?

Durch die Gründung der Service-Gesellschaft werden Neu-Eingestellte einzelvertraglich behandelt, weil die Gewerkschaft NGG (Nahrung - Genuss - Gaststätten) sich hier bewusst nicht beteiligt und auch keine Mitglieder aufnimmt. Im Service-Bereich sind der Küchenbereich, die Bettenzentrale, Hol- und Bringedienste, die Sterilisation einbezogen. Den befristeten Beschäftigten wurde nach der Befristung das Angebot gemacht, in dieser neuen Gesellschaft zu den neuen, deutlich schlechteren Konditionen weiterbeschäftigt zu werden. Wir sehen hier ein Einstiegstor für andere Ausgründungen, so dass unter Umständen in den nächsten Jahren nur noch der Kernbereich existiert, also die Pflege. Alle anderen Bereiche könnten dann ausgegliedert sein. Damit würde auf breiter Linie Tarifflucht begangen.