Webwecker Bielefeld: siegel01

Ohne Schloss aber mit Siegel (03.09.2003)



Versiegelung OWL
Ständiges Wachstum bei der Versiegelung in Gütersloh und Bielefeld








Von Manfred Horn



Landschaft im Wandel. So heißt eine Ausstellung der ›Gemeinschaft für Natur und Umwelt‹ (GNU) Kreis Gütersloh, die vom 3. September bis zum 27. September in der Bürgerberatung im Neuen Rathaus zu sehen ist. Anlässlich der Eröffnung, die in ehrenamtlicher Arbeit von Gütersloher Mitgliedern der GNU zusammengestellt wurde, sprachen GNU`ler Walther Kindt und Andreas Wiebe, Regierungspräsident im Bezirk Detmold, über die aktuelle Siedlungsentwicklung. Denn: Die Landschaft ist vor allem deshalb im Wandel, weil weiter fleißig gesiedelt wird. So stand denn auch nicht die freie Landschaft im Mittelpunkt der Referate, sondern die Kräfte, die diese bedrohen und zerstören.

So sprach Kindt von einem notwendigen Bewusstseinswandel. Die Bedeutung und die zunehmende Gefährdung der Ressource Boden müsse erkannt werden. 130 Hektar Landschaft werden in der Bundesrepublik täglich Opfer von Infrastrukturmaßnahmen – vom Häuslebau bis hin zur Ansiedlung einer Produktionsstätte. 21 Prozent der Fläche NRW´s sind bereits bebaut, seit 1945 wurden mehr Flächen versiegelt als in 4000 Jahren Geschichte zuvor. Das entspricht der Größe des Bodensees. Rationalisierung im Produktionssektor bedeutet auch, Produktionsstätten eingeschossig statt viergeschossig zu bauen. Schließlich können Maschinen nicht so gut Treppen steigen. Pro Arbeitsplatz werden heute 240 Quadratmeter gebraucht, 1988 waren es noch 170 Quadratmeter. Gewerbeflächen dehnen sich weiter aus, und das, obwohl die Zahl der Beschäftigten sinkt. Kindt sieht den Grund dafür in einem Konkurrenzkampf der Kommunen um Gewerbeansiedlung. Viele Gewerbegebiete werden neu erschlossen, verfügen also über Straßen, Kanalisation und Strom, ohne das sich dort bis heute überhaupt Gewerbe ansiedeln würde.

Kindt stellte schlicht fest: »So kann es nicht weiter gehen«. Er fordert einen Generationenvertrag über Freiraum. Freiraum – unbesiedelte Landschaft – sei schließlich die Lebensgrundlage für Menschen, Tiere und Pflanzen, diene zur notwendigen Regeneration von Wasser und Luft. Nicht zu vergessen sei die »dramatische« Lärmentwicklung, die mit einer weitergehenden Besiedlung einhergehe. Doch Kindt ist auch klar, dass der Generationenvertrag noch Zukunftsmusik ist: Lokale Interessen, z.B. die Ansiedlung von Gewerbe, ständen im Widerspruch zum globalen Gemeinwohl. Und schließlich setzten sich bis heute die lokalen Interessen meistens durch. Zusätzliche Brisanz bekomme die Situation durch die geplante Sonderwirtschaftszone OWL. Wird OWL wie geplant ab 2004 Modellregion, fällt die Genehmigungspflicht durch die Bezirksregierung für Neuansiedlungen weg. Die Kommunen können dann autonom entscheiden. Immerhin: Die Bundesregierung hat erklärt, den Freiraumverbrauch von heute 130 Hektar pro Tag auf 30 Hektar pro Tag in 2020 zu senken. Doch: Zielformulierungen sind eherne Worte, die in der Praxis leicht verfehlt werden können.