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Geschaffen, um nicht zu funktionieren (Trips; 10.09.2003)



WTO
Fischer: Gleichbehandlung der Staaten nicht mehr gegeben




TRIPS ist keine Droge, sondern harte Realtität. Hier wird verhandelt, ob Entwicklungsländer lebensnotwendige Medikamente günstiger herstellen lassen dürfen. Christiane Fischer von der Bielefelder BUKO- Pharmakampagne kritisiert den jüngsten Kompromiss, der im Vorfeld der Ministerrunde der Welthandelsorganisation getroffen wurde.










Bericht, Interview und Kommentar: Manfred Horn

Bei der am heutigen Mittwoch in Cancun (Mexiko) beginnenden WTO-Sitzung geht es für die 146 Mitgliedsstaaten zum wiederholten Mal darum, den Welt als große freie Marktwirtschaft zu gestalten. Oder auch nicht. Denn bis heute haben es die großen Industrienationen noch immer geschafft, ihre eigenen Industrien und Landwirtschaften durch Subventionen und Zölle vor dem absoluten Markt zu schützen.

Im Vorfeld der WTO-Sitzung kamen bereits einige MinisterInnen vor allem der Industrienationen zusammen, um über das WTO-Abkommen zum Schutz des geistigen Eigentums TRIPS und den Zugang zu unentbehrlichen Medikamente für die ärmsten Länder zu konferieren. Dabei erzielten sie einen Kompromiss, der bereits wenige Stunden nach seinem Zustandekommen kritisiert wurde. TRIPS, das hört sich nach Drogen an. Irgendwie geht es auch darum, doch in einem anderen Sinn: TRIPS (Trade Related Intellectual Property Rights) will weltweit Produktpatente regeln. TRIPS wurde von der WTO (World Trade Organisation) betrieben, zunächst gegen den Widerstand der ärmsten Länder. Diese schwenkten auf Druck, unter anderem durch Handelssanktionen, ein und machten schließlich bei der Ausformulierung des TRIPS-Abkommens mit. Geistiges Eigentumsrecht ist allerdings eine komplizierte Angelegenheit. Und waren die Industrienationen wie so oft im Vorteil: sie haben für viele Produkte Patente und konnten in die Verhandlungen auch gleich einen ganzen Stab von Patent-Experten mitbringen. Entwicklungsländer hingegen haben oft gar kein System zum Schutz des geistigen Eigentums. Dazu brauchen diese Länder Gesetze, deren Einführungskosten Experten auf zehn Millionen Euro schätzen.

TRIPS hat besonders für die Gesundheitsversorgung fatale Folgen: auch arme Länder werden genötigt, Patente auf Arzneimittelwirkstoffe anzuerkennen. Brasilien zum Beispiel ist ein Land, welches in den vergangen Jahren eine nationale Produktion von AIDS-Medikamenten betrieb, die die Kosten der Aids-Behandlung pro Patient von 10.000 US-Dollar auf 1.400 senkte. Dies konnte Brasilien, weil es eine Schutzklausel des TRIPS-Abkommens in seinen Gesetzten verankerte: Zwangslizenzen erlauben es, zum Beispiel im Falle eines Gesundheitsnotstandes den Patentschutz auch gegen den Willen des Patentinhaberzeitlich befristet außer Kraft zu setzen und das Mittel selbst billig generisch nachzuproduzieren. Brasilien konnte der Pharmaindisutrie mit einer Zwansglizenz drohen und erhielt daraufhin eine ›freiwillige Lizenz‹. Der hohe Preis war schließlich der Grund, in den 1990ern eine eigene Produktion von AIDS-Medikamenten – sogenannte ›Generika‹ – aufzubauen. Generika wirken genauso wie patentierte Medikamente, im Prinzip handelt es sich um ›Nachbauten‹ mit gleichen Wirkstoffen.