Webwecker Bielefeld: Findet_Nemo

Das große Blubbern



Von Harald Manninga

Pixar. Muß man sich wohl langsam mal merken, die Leute. Haben nämlich inzwischen schon den fünften Trick... – sorry: Animationsfilm rausgebracht, der Klassiker-Qualitäten hat. Immerhin der fünfte von fünf abendfüllenden Filmen, die sie bisher überhaupt in die Kinos gebracht haben, und das ist schon was. (Die andern sind, zur Erinnerung, »Toy Story« Teile I & II, »Monster AG« und »Das große Krabbeln«.)

Marlin und seine Frau sind zwei frischverheiratete lollyfarbene Clownfische (Amphiprion ocellaris, wie die Biologen sagen, oder auch Orangeringel-Anemonenfisch), und leben in einer der besten Korallengegenden des Pazifik, mit guten Schulen und angenehmen Nachbarn, dazu den schönsten Wohnanemonen, die man sich vorstellen und als junges Paar leisten kann. Der erste vierhundertköpfige Nachwuchs ist auch schon unterwegs,der liegt wohlbehütet in der Höhle unter der Anemone in seinen Eiern und möchte bald schlüpfen – das Idyll ist perfekt, man muß sich eigentlich nur noch Namen für die Kinderschar ausdenken.

Da erscheint ein Barrakuda und vernichtet alles, nur Vater Marlin und ein einziges Ei bleiben übrig, aus dem kurz darauf der kleine Nemo schlüpft. Von nun an ist Marlin nur noch für seinen Kleinen da, der nicht nur seine ganze verbliebene Familie darstellt, sondern auch noch eine verkrüppelte rechte Flosse hat. Man lebt fröhlich zusammen dahin, doch schon an Nemos erstem Schultag erfüllen sich die schlimmsten Befürchtungen des überbehütenden alleinerziehenden Vaters: Nemo, dem die Überbehütung ohnehin schon lange lästig ist, obwohl er seinen Vater ja sehr liebt, wird übermütig und landet im Netz eines hobbytauchenden Zahnarztes aus Sydney. Alles die Schuld der neuen Schulkameraden, die ihn herausgefordert haben! Und von Papa, der seinem Sohn wirklich mehr Freiheiten gönnen sollte, denn dann hätte der Kleine gewußt, was da draußen für Gefahren lauern.

Nemo landet im Zierfischaquarium der Zahnarztpraxis. Und versucht natürlich bald, daraus zu entkommen. Vater seinerseits macht sich auf den Weg durch den Ozean, seinen Sohn wiederzufinden. Von nun an hat mans also mit zwei Storys zu tun, und die haben es beide in sich.

Vater Marlin tut sich mit Dory (genial synchronisiert von Anke Engelke) zusammen, eine blaue Fischdame mit Gedächtnisschwierigkeiten, die nicht mehr nach Hause findet, aber lesen kann und Walgesänge nachahmen. Nemo heckt derweil zusammen mit den anderen bunten Frutti di mare im Aquarium einen Fluchtplan aus. Diese Flucht ist auch wirklich notwendig, denn er ist als Geburtstagsgeschenk für die Nichte des Zahnarztes gedacht, und die andern Fische wissen schon, was ihm da blühen wird. Der Nichte Darla sind Fische nämlich eigentlich viel zu langweilig, und sie bringt sie noch in der Transporttüte um!


Was die Geschichte hie und da an disneymäßigen Schwächen und Plattheiten haben mag, wird allein schon durch die auftretenden Charaktere mehr als aufgewogen. Vater Marlin und Dory begegnen zum Beispiel einer Truppe Haie! – aber dann doch keine Gefahr, die sind nämlich Vegetarier. Oder bemühen sich wenigstens drum, welche zu werden... Die Fische im Aquarium sind allesamt schon so lange hinter Glas, daß sie selbst zu zahnmedizinischen Experten geworden sind.
Vor lauter Langeweile wahrscheinlich, die manchmal durchbrochen wird von Pelikan Niels, der ab und zu ans Fenster kommt und sich aber mit ihnen auch nur über zahnärztliche Bohrertypen und Behandlungsmethoden unterhalten kann, weil sie ja nichts anderes kennen. Niels mag sie trotzdem, kommt auch etwa täglich vorbei, obwohl er meistens beim Landeanflug gegen die geschlossene Scheibe dotzt, was er aber sehr gekonnt macht.