Von Manfred Horn
Eine große Mehrheit des Stadtrates hat bei der Ratssitzung
am vergangenen Donnerstag einen Unierweiterungsbau nördlich des
Universitätsgebäudes begrüßt. Nahe beim Neubaugebiet Hof Hallau soll ein Bau
mit 70.000 Quadratmeter Fläche entstehen, den Universität und Fachhochschule
gemeinsam nutzen wollen. Die Fachhochschule will sich in das neue Gebäude
einmieten und sich dort konzentrieren. Diese Konzentration war eigentlich in
den ehemaligen Kasernen am Stadtholz geplant (WebWecker berichtete).
Mandatsträger aller Parteien äußerten sich am vergangenen Donnerstag begeistert
über die Neubaupläne. Pit Clausen, Fraktionsvorsitzender der SPD, sprach von
einer »Weichenstellung für Bielefeld«. In dem Erweiterungsbau sollen auch
Unternehmen Forschung betreiben können. Der Erweiterungsbau sei auch eine
riesige Chance für den Wirtschaftsstandort Bielefeld. Clausen sprach sogar
davon, zu versuchen, ein Max-Planck-Institut in Bielefeld anzusiedeln. Am
Stadtholz den Campus der FH konzentrieren zu wollen, sei »mit dem heutigen
Beschluss hinfällig«. Nun müsse ein Konzept ohne FH für das Areal am Stadtholz
entwickelt werden.
Detlef Helling, Ratsherr der CDU, hob den Wettbewerbsvorteil
hervor, den Bielefeld dadurch habe, dass die Flächen bereits seit vier
Jahrzehnten freigehalten worden seien. Er gab zu, dass die Bewohner des
benachbarten Hof Hallau »nicht sehr erfreut« seien, fügte aber an: »Jeder, der
sich informieren wollte, konnte es wissen, dass dort eines Tages gebaut werden
kann«. Auch von der Bürgergemeinschaft für Bielefeld (BfB) kam uneingeschränkte
Zustimmung, auch wenn Ratsherr Johannes Delius Sinn und Zweck eines
Begrüßungsbeschlusses in Zweifel stellte: »So etwas gibt es nur in Bielefeld«.
Ein Begrüßungsbeschluss hat keinerlei Konsequenzen, Politiker erklären nur, was
sie gut finden.
Auch die PDS stimmte zu: »Eigentlich kann niemand was
dagegen haben«, sagte Ratsfrau Barbara Schmidt. Zu bedenken gab sie aber, dass
mit dem Erweiterungsbau Forschung und Lehre getrennt würden. Ablehnung zeigte
sie gegenüber den Plänen, den Erweiterungsbau auch für die Privatwirtschaft zu
öffnen: »Wenn Unternehmen die Uni nutzen wollen, sollen sie auch zahlen«.
32 Hektar in Beton gegossen
Deutliche Kritik kam einzig von den Grünen. Deren
Fraktionsvorsitzende Inge Schulze sprach von einem »Zielkonflikt«. Die
Weiterentwicklung von Uni und FH sei zwar notwendig. Gleichzeitig würden aber
immense Flächen dafür verbraucht. Der Erweiterungsbau wird 32 Hektar
verschlingen, zuzüglich ebenfalls zu bauender Infrastruktur. »Das ist ein
Eingriff in die freie Landschaft. Dabei hat die Uni eigentlich noch genug freie
Fläche zum Bauen auf ihrem Stammgelände«.
Ohne Biss
war das Verhalten der Bürgernähe. Ratsherr Armin Wenske sprach zwar von ihm
bekannter »Unruhe unter den Bewohnern des Hof Hallau« und forderte eine
zeitnahe Informationsveranstaltung für die Bewohner. Die Begrüßungsvorlage
solle um diesen Punkt ergänzt werden. Letztlich gab sich die Bürgernähe aber schnell
mit der mündlichen Zusage von Oberbürgermeister Eberhard David zufrieden, dass
es eine solche Veranstaltung geben werde. So stimmte die Bürgernähe dem
Begrüßungsbeschluss ohne Änderungen zu. Die einzigen zwei Gegenstimmen, bei
mehreren Enthaltungen, kamen aus der grünen Fraktion, die die Abstimmung frei
gegeben hatte.
Per Anhalter durch Bielefeld
Ein Zwischenruf von Manfred Horn
Bedauerlich, dass sich niemand so wirklich um die Interessen der
Bewohner des Hof Hallau kümmert. Das Neubaugebiet nördlich der Uni, oder
zumindest die Ruhe in diesem, wird größeren Interessen geopfert. Fast alle
Politiker und lokalen Entscheidungsträger der Uni und FH tun nun so, als gebe
es keine Alternativen. Dem ist nicht so: Auf dem Uni-Gelände ist noch genug
Platz für einen Neubau, und nirgendwo steht geschrieben, dass die FH zu einer
Campus-Uni werden muss.
Die Aussage von Detlef Helling, dass alle Bewohner des Hofes
Hallau hätten wissen können, dass neben ihren Häusern eines Tages ein Unigebäude
entstehen könne, erinnert doch sehr an Folge 1 von Per Anhalter durch die
Galaxis. Dort steht ein armer Erdling vor einem Bautrupp, der angerückt ist,
um sein Haus abzureisen. Es soll einer Umgehungsstraße Platz machen. Der
Bauleiter in dem Science-Fiktion-Stück hatte ähnliche Argumente, die Pläne
hätten schließlich im Keller des Bauamtes ausgelegen, dass das Licht dort nicht
gehe, dafür könne man auch nichts. Der Erdling wurde dann bekannterweise durch
einen galaktischen Bautrupp, der die Erde für eine Umgehungsstraße durchs All
wegsprengt, erlöst. Er überlebt als einziger Erd-Mensch, weil er fortan trampend durchs
Weltall hüpft.
Die
Bürgernähe, die sich eigentlich als Sprachrohr von Anwohnerinteressen versteht,
hätte diese bei der Ratssitzung schärfer vertreten
können. Dass das nicht geschah, ist enttäuschend. Offenbar unterlag die
Bürgernähe, sonst kritisch gegenüber vielen Bauvorhaben, auch dem Glanz dieses vorgeblich sehr wichtigen
Zukunftsprojektes für die Teutometropole. Dies allerdings stimmt bedenklich.