Webwecker Bielefeld: Rat begrüßt Uni-Erweiterungsbau (06.09.2006)

Rat begrüßt Uni-Erweiterungsbau (06.09.2006)



Von Manfred Horn

Eine große Mehrheit des Stadtrates hat bei der Ratssitzung am vergangenen Donnerstag einen Unierweiterungsbau nördlich des Universitätsgebäudes begrüßt. Nahe beim Neubaugebiet Hof Hallau soll ein Bau mit 70.000 Quadratmeter Fläche entstehen, den Universität und Fachhochschule gemeinsam nutzen wollen. Die Fachhochschule will sich in das neue Gebäude einmieten und sich dort konzentrieren. Diese Konzentration war eigentlich in den ehemaligen Kasernen am Stadtholz geplant (WebWecker berichtete).

Mandatsträger aller Parteien äußerten sich am vergangenen Donnerstag begeistert über die Neubaupläne. Pit Clausen, Fraktionsvorsitzender der SPD, sprach von einer »Weichenstellung für Bielefeld«. In dem Erweiterungsbau sollen auch Unternehmen Forschung betreiben können. Der Erweiterungsbau sei auch eine riesige Chance für den Wirtschaftsstandort Bielefeld. Clausen sprach sogar davon, zu versuchen, ein Max-Planck-Institut in Bielefeld anzusiedeln. Am Stadtholz den Campus der FH konzentrieren zu wollen, sei »mit dem heutigen Beschluss hinfällig«. Nun müsse ein Konzept ohne FH für das Areal am Stadtholz entwickelt werden.

Detlef Helling, Ratsherr der CDU, hob den Wettbewerbsvorteil hervor, den Bielefeld dadurch habe, dass die Flächen bereits seit vier Jahrzehnten freigehalten worden seien. Er gab zu, dass die Bewohner des benachbarten Hof Hallau »nicht sehr erfreut« seien, fügte aber an: »Jeder, der sich informieren wollte, konnte es wissen, dass dort eines Tages gebaut werden kann«. Auch von der Bürgergemeinschaft für Bielefeld (BfB) kam uneingeschränkte Zustimmung, auch wenn Ratsherr Johannes Delius Sinn und Zweck eines Begrüßungsbeschlusses in Zweifel stellte: »So etwas gibt es nur in Bielefeld«. Ein Begrüßungsbeschluss hat keinerlei Konsequenzen, Politiker erklären nur, was sie gut finden.

Auch die PDS stimmte zu: »Eigentlich kann niemand was dagegen haben«, sagte Ratsfrau Barbara Schmidt. Zu bedenken gab sie aber, dass mit dem Erweiterungsbau Forschung und Lehre getrennt würden. Ablehnung zeigte sie gegenüber den Plänen, den Erweiterungsbau auch für die Privatwirtschaft zu öffnen: »Wenn Unternehmen die Uni nutzen wollen, sollen sie auch zahlen«.


32 Hektar in Beton gegossen

Deutliche Kritik kam einzig von den Grünen. Deren Fraktionsvorsitzende Inge Schulze sprach von einem »Zielkonflikt«. Die Weiterentwicklung von Uni und FH sei zwar notwendig. Gleichzeitig würden aber immense Flächen dafür verbraucht. Der Erweiterungsbau wird 32 Hektar verschlingen, zuzüglich ebenfalls zu bauender Infrastruktur. »Das ist ein Eingriff in die freie Landschaft. Dabei hat die Uni eigentlich noch genug freie Fläche zum Bauen auf ihrem Stammgelände«.

Ohne Biss war das Verhalten der Bürgernähe. Ratsherr Armin Wenske sprach zwar von ihm bekannter »Unruhe unter den Bewohnern des Hof Hallau« und forderte eine zeitnahe Informationsveranstaltung für die Bewohner. Die Begrüßungsvorlage solle um diesen Punkt ergänzt werden. Letztlich gab sich die Bürgernähe aber schnell mit der mündlichen Zusage von Oberbürgermeister Eberhard David zufrieden, dass es eine solche Veranstaltung geben werde. So stimmte die Bürgernähe dem Begrüßungsbeschluss ohne Änderungen zu. Die einzigen zwei Gegenstimmen, bei mehreren Enthaltungen, kamen aus der grünen Fraktion, die die Abstimmung frei gegeben hatte.


Per Anhalter durch Bielefeld

Ein Zwischenruf von Manfred Horn

Bedauerlich, dass sich niemand so wirklich um die Interessen der Bewohner des Hof Hallau kümmert. Das Neubaugebiet nördlich der Uni, oder zumindest die Ruhe in diesem, wird größeren Interessen geopfert. Fast alle Politiker und lokalen Entscheidungsträger der Uni und FH tun nun so, als gebe es keine Alternativen. Dem ist nicht so: Auf dem Uni-Gelände ist noch genug Platz für einen Neubau, und nirgendwo steht geschrieben, dass die FH zu einer Campus-Uni werden muss.

Die Aussage von Detlef Helling, dass alle Bewohner des Hofes Hallau hätten wissen können, dass neben ihren Häusern eines Tages ein Unigebäude entstehen könne, erinnert doch sehr an Folge 1 von ›Per Anhalter durch die Galaxis‹. Dort steht ein armer Erdling vor einem Bautrupp, der angerückt ist, um sein Haus abzureisen. Es soll einer Umgehungsstraße Platz machen. Der Bauleiter in dem Science-Fiktion-Stück hatte ähnliche Argumente, die Pläne hätten schließlich im Keller des Bauamtes ausgelegen, dass das Licht dort nicht gehe, dafür könne man auch nichts. Der Erdling wurde dann bekannterweise durch einen galaktischen Bautrupp, der die Erde für eine Umgehungsstraße durchs All wegsprengt, erlöst. Er überlebt als einziger Erd-Mensch, weil er fortan trampend durchs Weltall hüpft.

Die Bürgernähe, die sich eigentlich als Sprachrohr von Anwohnerinteressen versteht, hätte diese bei der Ratssitzung schärfer vertreten können. Dass das nicht geschah, ist enttäuschend. Offenbar unterlag die Bürgernähe, sonst kritisch gegenüber vielen Bauvorhaben, auch dem Glanz dieses vorgeblich sehr wichtigen Zukunftsprojektes für die Teutometropole. Dies allerdings stimmt bedenklich.