Webwecker Bielefeld: Praktische Friedenspädagogik (30.08.2006)

Praktische Friedenspädagogik (30.08.2006)



Ein dichtes Programm charakterisiert das Treffen von Schülern aus NRW und Moskau anlässlich des Antikriegstages am 1. September 2006. Seit mehreren Jahren gibt es diese Verbindung zwischen der Landesschülervertretung (LSV) NRW und der Moskauer Schule 863. Ihr Ziel: Arbeit an der gemeinsamen Vergangenheit – für eine gemeinsame Zukunft.

Zum 1. September, dem Antikriegstag, hat die LSV wieder Gäste aus Moskau. Horst Wenzel aus Dortmund, Mitglied des LSV-Vorstandes: »In diesem Jahr sind genau 65 Jahre vergangen, seitdem die deutsche Wehrmacht mit der Aktion ›Barbarossa‹ die Sowjetunion überfallen hat. Anders als die militärische Ausschaltung Frankreichs im Westen war der Ostfeldzug von Beginn an als ideologischer Weltanschauungs- und rassebiologischer Vernichtungskrieg angelegt. Im Vordergrund standen die Eroberung von ›Lebensraum‹ sowie die wirtschaftliche Ausbeutung der eroberten Gebiet und der dort lebenden Menschen als Zwangsarbeiter«. Die Sowjetunion bezahlte den Überfall der deutschen Wehrmacht - und die Befreiung vom Faschismus mit 25 Millionen Menschenleben.

Sechs Schüler und zwei Lehrer aus Moskau erwidern vom 31. August bis zum 8. September den Besuch von NRW-Schülern in der russischen Hauptstadt. Zu der Delegation gehört Wladimir Naumov, ein ehemaliger minderjähriger Zwangsarbeiter. In seiner Begleitung ist seine Frau Valentina Naumova, die zum ersten Mal nach Deutschland kommt, um die Orte der Zwangsarbeit zu sehen. Ebenfalls erstmals dabei ist der Historiker Wladimir Vsevolodov, der in Moskau und Krasnogorsk zur Kriegs- und Nachkriegsgeschichte forscht.

Das Engagement der Schüler zur Geschichtsaufarbeitung und Völkerfreundschaft wurde jetzt gleich zweifach »belohnt«, denn die Aktivitäten werden sowohl von der Berliner Stiftung ›Verantwortung und Zukunft‹ als auch von der Hamburger Stiftung ›Deutsch-Russischer-Jugendaustausch‹ umfassend gefördert. Logistische und ›linguistische‹ Unterstützung gibt es von der Deutsch-Russischen Gesellschaft. Die Sprache wird bei der Begegnung keine Barriere sein, denn zahlreiche – sogar ehemalige – Schüler mit »russischem Hintergrund« aus der engagieren sich.

 

Deutsch-russisches Symposium

Die Wechselbeziehungen zwischen beiden Ländern sind denn auch Thema des 2. Deutsch-Russischen Symposiums »Aus der Geschichte lernen – Aus dem Erinnern Brücken bauen für die Zukunft«, zu dem Gäste und Gastgeber am 1. September nach Paderborn eingeladen sind.

Das dichte Programm hat aber auch auf der praktischen Ebene eine internationale Dimension, denn die Schüler werden neben dem Sowjetischen Friedhof in Stukenbrock bei Bielefeld mit seinen 65.000 Toten auch in diesem Jahr wieder an dem benachbarten »Italiener-Friedhof« arbeiten, den sie seit mehreren Jahren mit Harke, Hacke und Spaten betreuen. Diese Aktivität hat inzwischen sogar mit einem kleinen Verweis Eingang in die wissenschaftliche Literatur zur Kultur des Gedenkens gefunden. Die Gruppe nimmt auch am Antikriegstag auf dem sowjetischen Friedhof am Samstag, 2. September, teil (WebWecker berichtet).