CDU, BfB und FDP lehnen die Projekte der Lokalen Agenda in Bielefeld ab
Ein schwarzer Tag für die BürgerInnenbeteiligung in Bielefeld
Keines der elf Projekte der Lokalen Agenda in Bielefeld fand in der von den Projektgruppen vorgeschlagenen Form in der Sitzung des Umwelt- und Stadtentwicklungsausschuss der Stadt Bielefeld (UStA) am 20.Juni 2000 eine Zustimmung von CDU, BfB und FDP.
Die SPD-Fraktion hatte zur Sitzung ein Beschluss-Papier zu allen vorgeschlagenen Agenda-Projekten vorgelegt, dem sich auch die Grünen im wesentlichen anschlossen. Die Mehrheit aus CDU, BfB und FDP legte keine eigene Beschlussvorlage vor, sondern Ralf Nettelstroth (CDU) formulierte noch während der Sitzung die SPD-Vorschläge zu den Projekten um und CDU, BfB und FDP lehnten sie dann ohne Wenn und Aber ab.
"Der Agendaprozess in Bielefeld ist beerdigt", kommentierte Dr. Inge Schulze (Bündnis 90/ Die Grünen) das harte Abstimmungsverhalten der "bürgerlichen Mehrheit" auf der Sitzung. Ein schwarzer Tag für die BürgerInnenbeteiligung in der Großstadt am Teutoburger Wald.
Das Abstimmungsverhalten wiegt umso schwerer, als die Lokale Agenda 21 auf einen Beschluss aller Nationen der Erde auf der Umwelt- und Entwicklungskonferenz der UNO von Rio de Janeiro im Jahr 1992 zurückgeht. CDU, BfB und FDP lassen mit ihrer Abstimmung eine Würdigung der historisch-politischen Dimension der Agenda 21 vermissen.
Auch das Projekt "Kesselbrink", das in letzter Zeit in der Presse und auch im Rahmen einer Diskussion von "Bielefeld 2000plus" sehr positiv diskutiert wurde, fand bei CDU, BfB und FDP keine Zustimmung. Es soll nach der Vorstellung der UStA-Mitglieder der Mehrheitsparteien nicht weiterverfolgt werden und im Haushalt der Stadt Bielefeld sollen keine Mittel für das Projekt zur Verfügung gestellt werden. So der Beschluss des UStA. Nettelstroth: "Der Kesselbrink wird zurückgestellt."
Damit sprechen sich die Parteien der bürgerlichen Mehrheit de facto für den ein halbes Jahrhundert bestehenden Zustand des Kesselbrinks als einer Asphaltwüste inmitten ihrer Stadt aus. Keine zukunftsorientierte und bürgerInnennahe Politik für die Stadt Bielefeld.
Astrid Brose (SPD) hielt das Abstimmungsverhalten der Mehrheitsparteien auch "für unglaublich" und sprach sich dafür aus insbesondere das Kesselbrink-Projekt im Rat der Stadt erneut einzubringen. Die Verwaltungsspitze der Stadt hielt sich bei der Abstimmung im UStA bedeckt, Umweltdezernent Martin Enderle ergriff das Wort nicht.
SPD-Fraktion empfiehlt Kesselbrink-Projekt
Mit Zustimmung der Grünen hatte die SPD-Fraktion den folgenden Beschlussvorschlag für den Rat der Stadt zum Projekt Kesselbrink gemacht: "Der USTA sieht in dem Projektvorschlag eine gute Grundlage für eine kostengünstige und schnell umsetzbare Umgestaltung des Kesselbrink. Die Verwaltung wird beauftragt, gemeinsam mit der Projektgruppe ein Konzept zur Umsetzung zu entwickeln, das die bisherigen Beschlüsse des UStA und des Rates berücksichtigt und in Stufen umsetzbar ist. Der UStA empfiehlt dem Rat, im Vermögenshaushalt 200.000 DM zu Anfinanzierung bereitzustellen."
(Ein Schlaglicht fällt auf das Abstimmungsverhalten der Mehrheitsparteien im UStA zur Lokalen Agenda in Bielefeld auch dadurch, dass sie sich auf derselben Sitzung für den zügigen Ausbau der A33 auf Bielefelder Gebiet und den Bau eines weiteren künstlichen Sees in Bielefeld für geschätzte 80 Millionen Mark ausgesprochen hatten.)
Es stellt sich die Frage, warum bei einer solchen Politik der tabula rasa sich Bielefeld noch einen Agenda-Beauftragten leistet und im Haushalt 30.000 DM für Agenda-Projekte - 20.000 DM weniger als im Haushalt davor - vorgesehen sind.
Oberbürgermeister Eberhard David ist nun aufgerufen, die Scherben der Lokalen Agenda in Bielefeld, die seine ParteifreundInnen in nur wenigen Minuten im UStA hinterlassen haben, wieder zu kitten. Ansonsten ist die Agenda 21 in Bielefeld am 20. Juni 2000 gestorben. Und die Politikverdrossenheit gewachsen.
Sollte der Stadtrat dem Votum des UStA auch zum Kesselbrink in vollem Umfang folgen, müsste sich unabhängig vom Agenda-Prozess eine BürgerInnen-Inititative für eine freundliche Gestaltung des Kesselbrinks für alle BielefelderInnen neu gründen und gegen unzeitgemäße Beschlüsse von PolitikerInnen ihre Stimme erheben.
Abstimmung des Umwelt- und Stadtentwicklungsausschuss der Stadt Bielefeld zu den Projekten der lokalen Agenda, am 20. Juni 2000 <menu> Umgestaltung des Kesselbrinks zu einem Platz der Begegnung:
Abgelehnt mit 9:7 Stimmen (abgelehnt von CDU, BfB, FDP).
Die Einführung eines Tempo 30 km/h in der gesamten Stadt:
Abgelehnt mit 9:7 Stimmen (abgelehnt von CDU, BfB, FDP).
Energieeinsparung durch Altbausanierung:
Nur privat weiterverfolgen ohne Unterstützung der Stadt 9: 7 Stimmen (zugestimmt von CDU, BfB, FDP).
Straßenraumgestaltung durch die AnwohnerInnen der jeweiligen Straßen in Bielefeld: Nur privat weiterverfolgen ohne Unterstützung der Stadt 9: 7 Stimmen (zugestimmt von CDU, BfB, FDP).
Einführung von Stadträder in der Stadt:
Nur privat weiterverfolgen ohne Unterstützung der Stadt 9: 7 Stimmen (zugestimmt von CDU, BfB, FDP).
Entwicklung eines ganzheitlichen Bus- und Bahnkonzeptes:
Von allen Parteien einstimmig abgelehnt.
Eine Mobilitätsberatung für die BürgerInnen der Stadt:
Abgelehnt mit 9:7 Stimmen (abgelehnt von CDU, BfB, FDP).
Beteiligung der Stadt Bielefeld an der Produktion regenerativer Energie:
Abgelehnt mit 9:7 Stimmen (abgelehnt von CDU, BfB, FDP).
Alternativer Kraftwerkspark: Ein kombiniertes Energiekonzept für Bielefeld aus Energiesparen, Vermeidung von Folgelasten (Atomstrom) und Verringerung der Treibhausgase:
Abgelehnt mit 14:2 Stimmen (abgelehnt von CDU, BfB, FDP, SPD).
Förderungen zukunftsfähiger Konsumformen: Die BürgerInnen in Bielefeld sollen ökologisch, sozial und ökonomisch vertretbar konsumieren und kaufen:
Abgelehnt mit 9:7 Stimmen (abgelehnt von CDU, BfB, FDP)
. Förderung genossenschaftlich organisierten Bauens und Wohnens:
Projekt soll konkretisiert werden, dann kann die Stadt das Projekt unterstützen. 9:7 Stimmen (zugestimmt CDU, BfB, FDP). Die SPD-Beschlussvorlage war weitreichender.