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Gegen Bildungs- und Sozialabbau



Gegen eine Kommerzialisierung der Bildung gingen vergangene Woche 200 Bielefelder Studenten auf die Straße. Die geplante Einführung von 650 Euro Studiengebühren für Langzeitstudierende ist schließlich keine Kleinigkeit. Eine Reportage über studentischen Unmut zwischen Unihalle und Jahnplatz.

von Mario A. Sarcletti

Ein Riesentransparent quer durch die Bielefelder Uni-Halle sollte die Studierenden zu einer Demonstration gegen Bildungs- und Sozialabbau am vergangenen Mittwoch mobilisieren. Doch am Tag vor der Demo wirkt Philippe Wagner, Öffentlichkeitsreferent des AStA der Universität Bielefeld, skeptisch, wenn er auf die erwarteten Teilnehmerzahlen angesprochen wird. Er befürchtet, dass die Studierendenvertreter mehr oder weniger unter sich bleiben, wenn sich der Demozug an der Oetkerhalle formiert. Ganz so schlimm kommt es dann doch nicht: Etwa 200 Menschen treffen sich um 18 Uhr vor dem Gebäude an der Stapenhorststraße.

Eines der Hauptthemen der Kundgebung ist die geplante Einführung von Studiengebühren in Höhe von 650 Euro pro Semester für so genannte Langzeitstudierende, also Studierende, die sich im zwölften bis dreizehnten Semester befinden. Aber nicht nur der Griff der Landesregierung in deren Portmonee wurde auf der Demonstration kritisiert. Der scheidende AStA-Vorsitzende Martin Lücke betonte bei seiner Rede auf der Eröffnungskundgebung, dass es ihm um die Kommerzialisierung von Bildung allgemein geht. Bildung werde nur noch in ihrer wirtschaftlichen Dimension gesehen, kritisierte Lücke. So habe sich Oberbürgermeister David bei der Erstsemesterbegrüßung in der Universität über die neuen Studierenden gefreut, weil die Kaufkraft nach Bielefeld brächten, erzählt der AStA-Vorsitzende, und definiert das Ziel der Demonstration: „Wir wollen den Bürgern in dieser Stadt unsere Argumente gegen diese Entwicklung näher bringen. Und ich bin zuversichtlich, dass wir das schaffen, denn es sind gute Argumente.„

Ob es gelungen ist, ist zweifelhaft: Bei der Zwischenkundgebung am Hauptbahnhof, pöbelt ein Taxifahrer, der sich in seiner Arbeit behindert fühlt: „Verschwindet hier, im Gegensatz zu euch müssen wir hier Geld verdienen.„ Dass auch der Großteil der Studierenden neben dem Studium ebenfalls Geld verdienen muss, ist ihm entgangen. Ebenso wie der Umstand, dass die Demonstranten nicht nur für ihre eigenen Interessen auf die Straße gehen. In Redebeiträgen werden auch das Hartzpapier, Einschnitte bei den Sozialleistungen und die Globalisierung kritisiert.

Dass diese Kritik bei den Bielefelder Bürgern nicht so ankommt, wie erhofft, liegt auch am Termin der Demonstration. Als der Demonstrationszug in die Bahnhofstraße Richtung Jahnplatz einbiegt, ist es kurz nach 20 Uhr, die Fußgängerzone ist verwaist. Nur aus einer Wohnung im ersten Stock, signalisieren junge Menschen ihre Solidarität. Die gilt wahrscheinlich nicht dem „Prokapitalistischen Block„. Der skandiert: „Eure Armut kotzt uns an„, begrüßt die Studiengebührenpläne der nordrhein-westfälischen Landesregierung, stellt auf einem Flugblatt jedoch fest: „Es bleibt allerdings noch viel zu tun, bis eine effiziente soziale Selektion erreicht ist.„ Was sich bei dieser Formulierung andeutet, wird bei der Forderung „Wahlrecht nach Einkommen„ endgültig klar: Der „PROKAP„ ist Satire, dargeboten von der ATTAC-Hochschulgruppe.