Rolf Gössner, Rechtsanwalt und langjähriger Datenschutzberater der Grünen in Niedersachsen, stellte in seiner Laudatio die Frage, »was Kinder in einer polizeilichen Präventiv-Datei zu suchen haben«. Eine Verlängerung der Speicherzeit sei sogar ohne weiteres möglich, ergänzte Gössner. Die »Kombination von fragwürdigen Präventivdateien, verschärftem Passgesetz, exekutiven Reiseverboten und schikanösen Polizeipraktiken« kann laut Gössner leicht »zur Verletzung der Grundrechte auf Freizügigkeit, der Handlungs- und Versammlungsfreiheit führen und selbst die körperliche Integrität der Betroffenen verletzten«. Die vagen Kriterien für die Aufnahme in die »Gewalttäter«-Datei, die lange Speicherdauer, die Erfassung von Kindern und die Nichtbenachrichtigung der Betroffenen würden datenschutzrechtlichen Prinzipien widersprechen, hob Gössner hervor.
In der Kategorie »Politik« erhielt der hessische Innenminister Volker Bouffier (CDU) den Award. Er habe in Hessen die vom Gericht verbotene Rasterfahndung per Gesetzesnovellierung durch die Hintertür wieder eingeführt. In seiner Laudatio hob Fredrik Roggan, Vorsitzender der Humanistischen Union, hervor, Bouffier erhalte den Preis »stellvertretend für die Innenminister anderer Bundesländer, die nach dem 11. September 2001 ihre Polizeigesetze ad hoc ergänzten und dabei die Schwellen für eine Rasterfahndung im Vergleich zu anderen Bundesländern wesentlich herabsetzten«.
Das Oberlandesgericht Frankfurt am Main hatte die Rasterfahndung in Folge des 11. September 2001 für rechtswidrig erklärt, da keine gegenwärtige Gefahr für ein höchst-rangiges Rechtsgut wie etwa den Bestand oder die Sicherheit des Bundes oder Landes bestünde. Damit hätte die Rasterfahndung in Hessen sofort eingestellt werden müssen. Daraufhin veränderte Bouffier das hessische Polizeigesetz so, dass die Gegenwärtigkeit einer Gefahr als Bedingung für eine Rasterfahndung aus dem Gesetz gestrichen wurde. »Die Botschaft ist klar: Wenn die Gerichte nicht spuren, werden sie beim nächsten Mal erst gar nicht mehr gefragt«, fasste Roggan zusammen. Gestrichen wurde aus dem Polizeigesetz nämlich auch der »Richtervorbehalt«, zukünftig können in Hessen polizeiliche Behörden die Rasterfahndung anordnen.
Neben den Preisen, die alle in Zusammenhang mit vermeintlich effektiverer Terrorbekämpfung in Zusammenhang stehen, ehrte die Jury des weiteren Microsoft mit dem »Life-Time Award«. Die Vergabe an den Software-Riesen scheint wenig originell, ist aber wohl notwendig. Das Imperium Bill Gates fällt durch immer neue Methoden auf, Kunden auszuspähen. Mit dem neusteten Microsoft-Projekt »Digital-Rights-Management« wird kontrollierbar sein, was für Daten aus dem Netz auf den heimischen PC übertragen werden. Hält das Microsoft-Betriebssystem sie für bedenklich, dann bricht das Windows der nächsten Zukunft die Übertragung ab. Microsoft entwickelt sich damit zu einem fragwürdigen Copy-Right-Polizisten, der dann auch die Macht hätte, das Betrachten und Herunterladen brisanter Dokumente im Netz zu unterbinden.
In der Kategorie »Arbeitswelt« bedachte die Jury die Bayer AG mit einem Award. Die Bayer AG erhielt den Preis für ihre Praxis, Auszubildende vor der Einstellung einem sogenannten Drogenscreening zu unterziehen. Dieses Selektionsprinzip soll dafür sorgen, dass Drogennutzer sich erst gar nicht bei Bayer bewerben. Das Drogenscreening zeigt zukünftigen Mitarbeitern, wo es lang geht: Du gehörst uns ganz, auch in deiner Freizeit. Davon abgesehen, sind die Tests unzuverlässig: Auch der Konsum von Mohnkuchen kann zu einem positiven Testergebnis führen. Marihuana ist noch drei Wochen später im Urin nachweisbar, gefährlichere Drogen wie Heroin oder Kokain hingen nur noch zwei Tage nach Einnahme. Die Volksdroge Alkohol bleibt bei den Tests indes ausgeklammert. Dem Drogenscreening nach us-amerikanischem Vorbild stimmte die Mehrheit des Bayer-Betriebsrats bereits 1997 zu.