Webwecker Bielefeld: Hustedt06

»Es geht nur durchs Portemonnaie« (Teil 5)



Aber wodurch werden jetzt neue Arbeitsplätze geschaffen, um den Menschen auch eine angemessene Arbeit anbieten zu können?

Es gibt in Deutschland sehr viel unbesetzte Stellen. Und darauf baut die Hartz-Kommission ein Stückchen weit auf, dass man Arbeitnehmer und unbesetzte Stellen zusammenbringt. Das zweite ist aber, dass wir mittelständische Unternehmen, wenn sie Investitionen mit der Schaffung von Arbeitsplätzen verbinden, unterstützen werden indem sie schneller und günstiger Kredite bekommen. Das dritte ist, dass wir Schwarzarbeit umwandeln wollen: zum Beispiel im Dienstleistungssektor bei Privathaushalten. Wir wollen da steuerlich unterstützen, dass das ordentliche Arbeitsplätze werden, die sozial versichert sind. Und im Handwerksbereich durch die sogenannten Ich-AGen. Jeder der sich selbstständig machen will, bekommt schnell und unbürokratisch einen kleinen Kredit.

Ansonsten sind die Vorschläge der Hartz-Kommission, weil es ja um die Reform des Arbeitsamtes ging, vor allem Sachen der Entbürokratisierung und der Umfunktionierung des Arbeitsamtes zu einer modernen Dienstleistungsagentur.


Aber damit scheint verbunden zu sein, dass Vermittlung einen stärkeren Zwangscharakter bekommt?

Die Hartz-Kommissionsvorschläge sagen, dass was man Arbeitslosen zumuten kann, nicht länger pauschal festlegen sollte. Das soll von der sozialen Situation abhängen. Es ist ja eine völlig andere Situation, wenn ein Familienvater mit drei Kindern eine Arbeit sucht. Dem kann man nicht sagen, ziehe von Bielefeld nach München. Aber wenn jemand 20 ist und ungebunden und man den auf eine gute Stelle in München vermitteln, dann könnte man dem schon eher mal zumuten, umzuziehen.


Und wenn er sagt, ich ziehe nicht um?

Da gibt es dann Konsequenzen. Aber die Zumutbarkeit wird sozial gestaffelt. Wenn der junge Mensch zum Beispiel eine pflegebedürftige Mutter in Bielefeld hat, wäre das auch wieder eine andere Situation. Deswegen nicht pauschal, sondern nach sozialer Situation gestaffelt.


Aber wer will diese Staffel festlegen? Soll das jeweils der Sachbearbeiter entscheiden? Dabei können dann völlig unterschiedliche Ergebnisse herauskommen.

Es werden natürlich bestimmte Kriterien festgelegt, ob eine Familie mit Kindern da ist, ob eine pflegebedürftige Mutter da ist und so weiter.


Das sind formale Kriterien. Ich könnte auch eine pflegebedürftige Freundin haben, mit der ich dann auch nicht verheiratet bin.


Zwar sind an der Hartz-Kommission einige Topp-Manager wie Norbert Bensel von Daimler-Chrysler vertreten, auffällig bleibt aber, dass sich der Arbeitgeberverband und der BDI nicht an der Kommission beteiligten. Besteht nicht die Gefahr, dass die Unternehmen sich unabhängig von politischen Beschlüssen weiter auf ihr Ziel einer ›hire and fire‹ Marktwirtschaft zu bewegen?

Den meisten Unternehmern kann man nicht mit ethischen Gesichtspunkten kommen, sondern nur über den Geldbeutel. Wenn es sich lohnt, Langzeitarbeitslose einzustellen und man nicht draufzahlt als Unternehmen, tut man das. Und das versuchen wir: Rahmenbedingungen so zu setzen. D.h. zum Beispiel bei Beschäftigung älterer Arbeitnehmer sollten Arbeitgeber eine Beitragssenkung bei der Arbeitslosenversicherung bekommen. Ein anderes beispiel: durch die sogenannten PersonalServiceAgenturen, zu deutsch Zeitarbeitsfirmen bekommen die Arbeitnehmer noch Tariflohn gezahlt, aber können Beschäftigung und Qualifizierung optimal miteinander verknüpfen.