»Es geht nur durchs Portemonnaie« (Teil 4)
Die Schere zwischen Arm und Reich geht in Deutschland immer weiter auseinander. Eine Billion der drei Billion privatem Geldvermögens in der Bundesrepublik befinden sich in den Händen von nur 5,5 Prozent der Bevölkerung. Vor einigen Jahren forderten die Grünen noch eine Grundsicherung. Vermögenssteuer und Erbschaftssteuer, um selektiv die Reichen dieser Gesellschaft stärker zu belasten, sind nicht im grünen Forderungskatalog. Nehmen die Grünen die Zweiteilung der Gesellschaft inzwischen hin? Die Grundsicherung ist nach wie vor eine grüne Forderung. Wir haben auch Elemente in der Rentenreform durchgesetzt. Der nächste Schritt ist natürlich ein Teil der Hartz-Vorschläge, die Zusammenlegung von Arbeitslosen- und Sozialhilfe. Die Diskussion um Vermögens- und Erbschaftssteuer haben wir lange geführt. Die Steuern sind zur Zeit nicht umsetzbar mit der SPD.
Aber das wäre nach wie vor ein grünes Ziel? Was die Erben betrifft, da wäre es sinnvoll, etwas zu tun. Bei der Vermögenssteuer haben wir uns im Wahlprogramm dagegen entschieden.
Die Bundestagsfraktion der Grünen hat die Ergebnisse der Hartz-Kommission ausdrücklich begrüßt. Kritiker sehen in den Ergebnissen allerdings den Versuch, schärfer gegen Arbeitslose vorzugehen statt neue Arbeitsplätze zu schaffen. Kritisiert werden mögliche Kürzungen des Arbeitslosengeldes, die Entstehung eines Niedriglohnsektors und die Umkehr der Beweisführung bezüglich der Zumutbarkeit von bestimmten Arbeiten. Wie stehen Sie zu dieser Kritik? Ich halte sie für unberechtigt. Das sind Befürchtungen, die sich nicht bewahrheiten werden. Kern der Vorschläge der Hartz-Kommission ist doch, die Arbeitsvermittlung schneller, effizienter und erfolgreicher zu machen, anstatt dass die Arbeitslosen entwürdigend beim Arbeitsamt herumhängen müssen und Berge von Formularen ausfüllen müssen, ihnen im Grunde aber nicht geholfen wird. Jeder fünfter Mitarbeiter im Arbeitsamt ist nur damit beschäftigt, die Bezüge zu berechnen. Der Ansatz, der auch in anderen Ländern Europas erfolgreich ausprobiert wird, ist, dass das Arbeitsamt umfunktioniert wird zu einer Dienstleistungsbehörde, zur Jobagentur. Und dass über die Möglichkeit von Zeitarbeitsverträge gerade Langzeitarbeitslose eine Chance kriegen, überhaupt erst wieder in den Arbeitsmarkt einzusteigen. Denn das ist das Hauptproblem: Es gibt welche, die sind vielleicht mal zwei Monate arbeitslos, aber die finden auch unter Umständen alleine einen Job. Aber wer in die Langzeitarbeitslosigkeit rutscht, ist schwer vermittelbar. Da muss man ansetzen, Brücken bauen, die auf die Menschen zugeschnitten sind.