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Französische Verhältnisse? (Teil 3)





Er erläuterte auch, dass es für die Hochschulen nur schwer möglich sei, mit dem Budget hinzukommen, dass das Land zur Verfügung stellt. Denn das entspricht dem, das sie in den vergangenen Jahren hatten. Steigende Energiekosten oder Lohnerhöhungen würden durch das Land nicht ausgeglichen. »In Bochum haben wir in diesem Jahr Energiekosten von vier Millionen Euro, im kommenden Jahr werden es wahrscheinlich sechs Millionen sein«, nannte er Zahlen. Eine weitere Gefahr für die Hochschule sei, dass ein Teil der Gelder mit dem Erreichen der Zielvereinbarungen verbunden sei. Zum einen befürchtet Hölscher eine »Finanzspirale nach unten«. Zum anderen lade das System zur Korruption ein: »Wenn die Gelder an die Zahl der Absolventen geknüpft werden, führt dies zur billigen Produktion von Exmaninierten«, warnt er vor einem Qualitätsverlust und protestierte dagegen, dass das Land bei Studiengebühren und Hochschulfreiheitsgesetz den Schwarzen Peter den Hochschulen zuspiele. »Wenn sie Hochschulen schließen und Studienplätze abbauen wollen, dann sollen sie das sagen«, appellierte er an mehr Ehrlichkeit der Bildungspolitiker.

Die forderte auch Klaus Böhme vom Hauptpersonalrat in Düsseldorf, als er die Namen der beiden Gesetze kritisierte. »Gesetzgebungslyrik, man müsste eigentlich sagen Zynismus, leitet die bildungspolitische Gesetzgebung der schwarz-gelben Landesregierung«, erklärte er. Das Hochschulfreiheitsgesetz lasse den Studierenden die Freiheit »aus betuchtem Elternhaus zu kommen oder nach der Ausbildung mit einem Berg von Schulden dazustehen«. Die Beschäftigten würden »vom Joch als Landesbedienstete befreit«, übte auch er sich in Zynismus. Die Hochschulen hätten nach dem Gesetz die Freiheit pleite zu gehen. »Weg mit dieser unsäglichen Insolvenzfähigkeit«, forderte Böhme.

Eine weitere Forderung des Hauptpersonalrats lautet, dass die Beschäftigten an den Hochschulen Landesbedienstete bleiben. Außerdem forderte Böhme, der besonders auch die Beschäftigten aus Bochum begrüßte, die seit dem 5. April für einen Tarifvertrag streiken, die Abschaffung des Finanzierungsgerechtigkeitsgesetzes. Hochschulsenate, die auf Grund des Gesetzes bereits die Einführung von Studiengebühren beschlossen haben, müssten diese Beschlüsse zurücknehmen. Zudem müsse entgegen den Plänen des Hochschulfreiheitsgesetzes die Selbstverwaltung gestärkt werden. Außerdem forderte Böhme eine »verlässliche und umfassende Finanzierung der Hochschulen«.

Er forderte die Demonstranten auf, mit ihren Protesten nicht nachzulassen. »Dies ist heute erste der Anfang der Bewegung, wir werden ihnen noch so manche Überraschung bereiten«, versprach er. Die erste Überraschung gab es gleich nach der Demonstration, etwa fünfhundert Menschen zogen in einer Spontandemonstration zurück Richtung Bahnhof. Die überraschte Polizei kesselte sie nach Blockade einer Kreuzung unter Schlagstockeinsatz ein, ein halbes Dutzend Demonstranten wurde zur Personalienfeststellung in Gewahrsam genommen.

Zuvor war es zu einer Begegnung gekommen, die eventuell einen Vorgeschmack auf französische Verhältnisse in Deutschland geben. Die Spontandemo traf auf eine andere Demonstration. »Wir sind hier, wir sind laut, weil ihr uns die Rente klaut«, riefen diese Demonstranten. Für eine kurze Zeit kam es zu generationsübergreifenden Protesten, als sich die beiden Demos gegenseitig applaudierten. »Eigentlich müssten wir zusammen demonstrieren«, sagte eine Rentnerin.