Carl von Ossietzky kommentiert in dem gefundenem Artikel die Urteile in den Fememordprozessen gegen Mitglieder der Schwarzen Reichswehr. Sowohl Paul Schulz als auch Erich Klapproth, der Bruder Rosa Klapproths wurden wegen Mordes bzw. Anstiftung zum Mord zum Tode verurteilt. Paul Schulz Urteil wurde nach Intervention führender Offiziere in eine lebenslange Haftstrafe umgewandelt, schon 1929 war er gegen Zahlung einer hohen Kaution wegen angeblicher Haftunfähigkeit wieder frei. Dieser Paul Schulz war Kopf der Schwarzen Reichswehr, eines illegalen Arms der Reichswehr, unterstützt und gefördert von höchsten Regierungs- und Militärkreisen. Der Versailler Friedensvertrag, der von den meisten Deutschen, erst Recht von den »im Felde Unbesiegten«, als Schande aufgefasst wurde, reglementierte u.a. die Stärke der deutschen Reichswehr, diese Armee sollte nicht mehr als 100.000 Mann umfassen. In der illegalen Parallelarmee herrschte eine aggressive Stimmung der gegenseitigen Verdächtigungen, der Fememord war unentrinnbare Strafgewalt, vermeintliche Verräter wurden ohne Chance der Verteidigung liquidiert. Erich Klapproth war u.a. eifriger Vollstrecker solcher Fememorde. Doch auch Erich Klapproth musste nicht lange im Gefängnis sitzen. Nach den Reichtagswahlen vom September 1930 waren 107 Abgeordnete der NSDAP Mitglieder des Reichtages, nach kurzer Zeit wurde ein Amnestiegesetz erlassen und alle wegen der Fememorde Verurteilten, auch Erich Klapproth, wurden freigelassen.
Rosa Klapproth war mit Paul Schulz verlobt, lebte mit diesem zusammen und hatte weiterhin regelmäßig Kontakt zu ihrem Bruder Erich. Es ist davon auszugehen, dass Rosa Klapproth in diesem intimen, familiärem Kreis die Tätigkeiten und Pläne ihres Verlobten und ihres Bruders nicht verborgen blieben, liest man die Rekonstruktion ihres Lebensweges: geboren in einer armem Weberfamilie1899 im Harz zur Zeiten der Industrialisierung der Spinnerei, Neuanfang 1920 in Posen als Bauern, Vertreibung nach dem Ersten Weltkrieg aus Polen und wiederum ein Neuanfang als Kneipiers in Pommern, ist sogar anzunehmen, dass sie deren repressive rechtsradikale politische Arbeit sogar guthieß, eventuell sogar persönlich unterstützte und sich somit zum Gegenpol der Roten Rosa, nämlich der Schwarzen Rosa entwickelte.
Birgit Rabisch nähert sich der persönlichen Geschichte ihrer Großmutter geschickt an, sie bietet eine lesenswerte Mischung aus Fakten und Fiktion, sie nimmt die historischen Quellen zur Grundlage ihrer Phantasie, über das wie könnte es gewesen sein. So bietet die Bearbeitung der Geschichte der Schwarzen Rosa keine historische Wahrheit, dennoch eröffnet sie wertvolle Einblicke in die Verknüpfung der Weimarer Republik mit der NS-Zeit. Der Epilog, in dem weitere Lebensläufe erläutert werden und der dokumentarische Anhang über die Schwarze Reichswehr ermöglichen tiefere Einblicke eine weitere dunkle Seite der deutschen Geschichte.
Birgit Rabisch Buch ist mutig und lesenswert, gerade wenn sie resümiert: »Mein familiärer Abgrund liegt im vorher, der vermeintlich harmlosen Zeit der Weimarer Republik. Aus diesem Vorher ist das monströse Nachher erwachsen.« (rk)
Birgit Rabisch, Die Schwarze Rosa. Eine Frau in der Weimarer Republik, zuKlampen Verlag, 190 S., 2005, 19,80 Eurobuch_eulenspiegel@gmx.de per Mail bestellen]