Webwecker Bielefeld: nazischlappe02

Schöne Schlappe für Neonazis (Teil 2)





Eine ziemliche polizeiliche Aufregung herrschte bei der Blockade der Route durch die Gegendemonstranten



Niemeyer ist kein typischer Teilnehmer der Demonstration. Zum einen ist er deutlich älter als der Durchschnitt der rechtsextremen Demonstranten, von denen die Mehrzahl um die Zwanzig ist. Zum anderen haben die mit der NPD eher wenig am Hut, der Naziaufmarsch wurde von Freien Kameradschaften - vor allem aus Hamm und dem Ruhrgebiet - und den noch militanteren Autonomen Nationalisten und dem Aktionsbüro West unterstützt.

Die Militanz der Szene verdeutlicht bei der Auftaktkundgebung Sascha Krolzig aus Hamm. In seinem Redebeitrag macht er klar, warum die rechtextremen Demonstranten ausgerechnet durch Gütersloh marschieren wollen. »Hier gibt es eine Institution namens Cable Street Beat. Sie besteht aus linken Skinheads und militanten Antifaschisten«, klagt Krolzig. »Sie nutzen das Bauteil 5 dafür, die Jugendlichen, die nichtsahnend in das Zentrum gehen, mit ihren wirren linken Thesen zu verstören«, beschwert er sich weiter. Der linke Mainstream, gegen den die Rechtsextremen an diesem Tag protestieren, vergifte die Jugend. Aber Krolzig gibt sich optimistisch: »Diese Propaganda der Etablierten kann unseren Aufstieg zu den Bewahrern der freien deutschen Jugend nicht verhindern. Verhindern kann uns niemand.«

Nicht nur die Rhetorik Krolzigs erinnert an vergangene Zeiten, er macht auch klar, dass er sich diese zurück wünscht. Die Nazigegner nennt er eine Rotfront, die sich selbst als Erben der KPD ansehe. »Doch das sind sie gar nicht würdig«, sagt er wörtlich und fährt fort: »Wenn wir in die 20er Jahre des vergangenen Jahrhunderts sehen: Damals haben sich Kommunisten und Nationalsozialisten noch gegenseitig ihre Kneipen kurz und klein geschlagen. Damals gab es täglich Tote auf beiden Seiten. Und heute kriegt die Antifa in ganz Deutschland Nervenzusammenbrüche, weil in Dortmund ein besoffener Punker abgestochen wird«, hetzt er in Anspielung darauf, dass vor einem Jahr ein Neonazi einen Punk in einem U-Bahnhof ermordet hat.


Nazis wollen Nationale Revolution

Krolzig wünscht sich eine Nationale Revolution, die in den Köpfen beginne. »Deshalb ist jeder Mitstreiter, den wir gewinnen, eine kleine nationale Revolution«, findet er und fügt hinzu: »Wenn wir genug dieser vollbracht haben, ist der Weg frei für eine nationale Revolution und der Weg wird frei sein für ein Deutschland der Ehre, der Freiheit und des Rechts. Und deshalb: Wo wir marschieren marschiert das Reich, es lebe unser heiliges Vaterland«, beendet Krolzig seine Rede.

Mit dem Marschieren klappt es an diesem Tag aber nicht so gut bei den Rechten. Als sie losgehen wollen, streikt erst mal die Batterie ihres Bullis. Nach einigen hundert Metern prasseln an einer Stelle, an der die Gegendemonstranten nahe an den rechten Aufmarsch kommen, Flaschen, Obst und Gemüse auf die Rechten. Nach etwa einem Kilometer ist dann vorerst Schluss mit Marschieren. Etwa siebzig Antifaschistinnen und Antifaschisten haben die Route blockiert. Einsatzleiter Lange setzt auf Deeskalation, nach über einer Stunde und mehreren Räumungsaufforderungen lässt er die Blockierer von der Straße führen.

Währenddessen führen die Rechten ihre Zwischenkundgebung durch. »Deshalb werte ich die Blockade nicht als Straftat«, sagt Einsatzleiter Lange. Axel Reitz, einer der führenden Köpfe der Kameraden in NRW hält eine Rede, träumt von »zehn-, zwanzig-, dreißigtausend Sozialisten, die in einigen Jahren durch deutsche Großstädte marschieren werden«. Der Kölner macht aber auch klar, dass es für die Kameraden bis dahin noch ein weiter Weg ist, als er die Demoteilnehmer darum bittet, ihr Schärflein zu einer Klage gegen die Polizeistrategie beizutragen. Die erste Instanz koste schließlich über 300 Euro. »Deshalb wird gleich ein Kamerad mit einem Hut herumgehen«, kündigt er an.