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Schöne Schlappe für Neonazis (29.03.2006)





Frust: Neonazis ärgern sich über die Verhinderung ihrer Demonstration, unter anderem durch als Nazis getarnte Antifas


Am vergangenen Samstag wollten etwa 150 Neonazis aus dem Spektrum der Freien Kameradschaften und Autonomen Nationalisten durch Gütersloh marschieren. Nachdem die Polizei bereits im Vorfeld die Demoroute aus der Innenstadt jenseits die Bahnlinie verlegt hatten, konnten die Rechtsextremen noch nicht einmal diese Strecke ablaufen. Nach zwei Blockaden durch Antifaschistinnen und Antifaschisten folgten sie der Empfehlung der Polizei, brachen die Demo ab und fuhren nach Hause. Etwa dreitausend Gegendemonstranten aus dem eher bürgerlichen Spektrum bekamen sie gar nicht zu sehen.


Von Robert Schwarz

Gegen 11 Uhr steht am Samstagmorgen etwa ein Dutzend Rechtsextremer auf dem Bahnhofsvorplatz in Gütersloh. Gerade sind sie aus einem Zelt gekommen, in dem überprüft wird, ob die Teilnehmer der Demonstration »Gegen den linken Mainstream – für nationale Jugendzentren« die Auflagen der Polizei einhalten. So ist das tragen von T-Shirts verboten, die Buchstabenkombinationen wie »NS« oder »NSDA« aufweisen, auch die bei Nazis beliebten Zahlenkombinationen »18« für Adolf Hitler oder »28« für das verbotene »Blood and Honour«-Netzwerk sind untersagt. Zudem ist das Tragen von Springerstiefeln in Kombination mit Bomberjacken wegen des Uniformverbots nicht erlaubt.

»Wir haben die Auflagen hier am Eingang des Zeltes in DIN A3, wetterfest laminiert, angebracht, sodass sich jeder Demonstrationsteilnehmer, der des Lesens kundig ist, darüber informieren kann«, erläutert der Einsatzleiter für die rechte Demo, Volker Lange, in aller Ruhe Journalisten. Ruhe ist an diesem Tag überhaupt eine Stärke des Rheinländers, der bei der Konfrontation von linken und rechten Demonstranten noch viel Fingerspitzengefühl beweisen sollte. »Entsprechende Tätowierungen müssen abgeklebt oder anders unkenntlich gemacht werden«, erklärt er, wie Verstößen gegen die Auflagen begegnet wird.

Dass manche der Rechten entweder des Lesens nicht kundig oder einfach ignorant sind, beweisen einige Demonstranten, die später mit grünen Klebebändern auf ihrer Kleidung herumlaufen, sowie ein Teilnehmer, der noch vor Beginn der Demo wieder nach Hause fahren darf. Der Alkotest zeigt bei ihm bereits Mittags 1,2 Promille an. Als ihm der Versammlungsleiter Christian Menzer erklärt, dass seine Teilnahme die Demonstration gefährde, wird er sauer: »In Dortmund wäre das anders«, schimpft er bevor er mit zwei seiner Kameraden die Heimreise antritt.

Unterdessen erläutert Volker Lange den Journalisten die Strategie der Polizei für die Nazidemo und die insgesamt neun Gegenveranstaltungen, bei denen an diesem Tag über 3000 Menschen gegen die Rechten protestieren. »Unser Konzept ist, dass die Meinungsgegner sich gegenseitig austauschen können, und das so sicher, wie es geht. Uns geht es darum, dass wir die unterschiedlichen Gruppen auf Steinwurfweite auseinanderhalten. Deswegen haben wir hier eine Abgitterung vorgenommen, sodass man die Teilnehmer Rechts sehen kann und die Rechten die Linken oder auch die Bürgerlichen sehen können«, erklärt er.


Als Nazis verkleidete Antifas

Kurz vor 12 Uhr, scheitert das Konzept fast. Als etwa fünfzig Schwarzgekleidete von der Polizei aus einem Zug aus Bielefeld zum Nazi-Treffpunkt gebracht werden, kommt die große Überraschung. Kurz vor dem Kontrollzelt outen die sich plötzlich als Antifaschisten, skandieren »Nazis raus« und »Stalingrad, Stalingrad« und zeigen den Rechten den Stinkefinger, bevor sie von Polizeibeamten zurück auf den Bahnsteig gebracht werden. Die Nazis sind stocksauer auf die Polizei. »Ihr habt die hierhin gebracht und wir sollen das jetzt ausbaden«, beschwert sich etwa der Vorsitzende des NPD-Kreisverbandes Herford, Jürgen Niemeyer, bei den Beamten.