Webwecker Bielefeld: togo01

Kooperation bei Menschenjagd (15.03.2006)





Abdou-Gafar Tchedre: Die Massaker waren geplant



»Großen Abschiebedruck« sieht Katrin Dallwitz von der Bielefelder Gruppe der »Karawane für die Rechte der Flüchtlinge und Migranten« für Flüchtlinge aus Togo. Tatsächlich sieht das Außenministerium eine Normalisierung der Lage in dem westafrikanischen Staat und hält Abschiebungen für zulässig. Der SPD-Fraktionsvorsitzende Peter Struck setzt sich aber inzwischen ebenso wie das UNHCR für eine Aussetzung der Abschiebungen ein. Anfang März informierte im Internationalen Begegnungszentrum ein togolesischer Oppositioneller auf Einladung der Karawane über die Situation in seiner Heimat.



Von Mario A. Sarcletti

Engagiert vertrat Abdou-Gafar Tchedre im Internationalen Begegnungszentrum sein Anliegen, beschrieb lebhaft die Situation in seiner Heimat. Nur schade, dass die Schilderungen des Mannes aus Togo nur fragmentarisch bei den Zuhörern ankame, die des Französischen nicht mächtig waren. Denn die Organisatoren hatten zwar für ebenso engagierte, aber streckenweise überforderte Übersetzer bei der Veranstaltung gesorgt. Dennoch bekamen die Interessierten einen Eindruck von der Lage in dem westafrikanischen Land und die Situation der togolesischen Flüchtlinge in Deutschland.

Dafür sorgte auch eine Dokumentation von ARTE, die zu Beginn der Veranstaltung gezeigt wurde. In der wurde vor allem auf die Vorkommnisse rund um die Wahlen im April 2005 beleuchtet. Mit dem Urnengang sollte die Machtergreifung Faure Gnassingbes legitimiert werden, der im Februar nach dem Tod seines Vaters mit Unterstützung des Militärs Präsident Togos wurde. Sein Vater Gnassingbe Eyadema hatte das Land seit 1967 beherrscht.

Bei den Wahlen kam es zu schwerwiegenden Unregelmäßigkeiten, so wurden Wahlurnen in Hochburgen der Opposition verbrannt. In der Folge kam es zu Unruhen, mehrere hundert Menschen wurden bei einer wahren Menschenjagd von Militär und Milizen ermordet. Nach Angaben von Abdou-Gafar Tchedre waren die Morde geplant: »Vor den Wahlen hat der damalige Innenminister auf einer Pressekonferenz gesagt, dass Massaker geplant sind«, berichtet er. Der Minister hätte daraufhin in die deutsche Botschaft fliehen müssen.

Nachdem die Menschenjagd begonnen hatte, flohen etwa 100.000 Menschen in die Nachbarländer Ghana und Benin. Noch heute leben nach Angaben der UN-Flüchtlingsorganisation UNHCR dort etwa 40.000 Menschen. Der ehemalige Landtagspräsident von Mecklenburg-Vorpommern, Hinrich Küssner, bereiste die drei Länder vor und nach den Wahlen. Nach seinen Angaben ist die Lage der Flüchtlinge vor allem in Ghana katastrophal. »Im Grenzgebiet zu Togo leben sie vor allem in Dörfern, in denen auch viele Ghanaer arm sind. Anfang Januar 2006 fehlten besonders Lebensmittel, Medikamente und Dinge des täglichen Bedarfs«, schreibt er in einem Bericht von einer Reise Anfang 2006.

Die Regierung von Ghana sieht die Versorgung der Flüchtlinge nicht als ihre Aufgabe an, im Gegenteil kooperiert sie mit dem Regime im Nachbarland. »Die oppositionelle Zeitung in Lome, »Forum«, berichtete am 30. Januar 2006, dass vier Soldaten und zwei Zivilisten, die sich als Flüchtlinge in Ghana aufhielten, im Juli in Ghana verhaftet und an togolesische Milizen übergeben wurden«, heißt es in dem Bericht von Hinrich Küssner. Diese Zusammenarbeit verwundert nicht, glaubt man einem Bericht der Togoischen Menschenrechtsliga. Die vermutet, dass der Präsident Ghanas, Kufuor, vom Regime in Togo Unterstützung erhielt, als er noch in der Opposition war.


Rückkehr nicht möglich

Ghana glaubt, dass die Flüchtlinge nach Togo zurückkehren könnten, Hinrich Küssner sieht das anders: »Zurückkehrende Flüchtlinge aus Benin sind in den letzten Wochen verhaftet worden«, schreibt er. Der deutsche Botschafter in Lomé habe ihm gegenüber volles Verständnis dafür geäußert, dass die Flüchtlinge nicht zurückkommen.