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Deutschfieber (01.03.2006)
Wer nicht deutsch spricht, bleibt draußen vor
Das Deutschfieber geht um: Nun wird dem Bielefelder Fitnessstudio Das aktuelle Sportstudio in der Rohrteichstraße vorgeworfen, die Besucher zur deutschen Sprache anzuhalten. Zwei Besucher, die sowohl deutsch als auch türkisch sprechen, unterhielten sich während einer Übungseinheit in türkischer Sprache. Die Trainerin hat den beiden dann nahegelegt, nur Deutsch zu sprechen. Zwei Tage später fanden die beiden Betroffenen die Kündigung im Briefkasten.
Das Sportstudio argumentiert mit Integrationsbedürfnissen, die Betroffenen hingegen überlegen zu klagen und haben sich an die Presse gewandt. Dabei scheint dieses Sportstudio kein Einzelfall: Migranten haben immer wieder Probleme, in bestimmte Räume hineinzukommen. Dazu zählen neben Diskotheken auch Fitnessstudios. Der Migrationsrat der Stadt hat sich nun geäußert: Zutrittsverbote und das Verbot der Kommunikation zweier erwachsener Menschen in ihrer Muttersprache seien durch nichts auch nicht durch das Hausrecht zu legitimieren. »Gerade solche Fälle sind für die Integration kontraproduktiv und führen zum Rückzug in die eigenen ehtmischen Gemeinschaften«, heißt in einer aktuellen Erklärung des Migrationsrates. Der Migrationsrat fordert nun eine Entschuldigung vom Betreiber des Fitnessstudios, unterstreicht aber zugleich, dass er »selbstverständlich das Erlernen der deutschen Sprache für eine Grundvoraussetzung des Zusammenlebens hält«.
Sprache als Knebel
Ein Kommentar von Manfred Horn
Vielleicht ließen sich Aufkleber an den Hanteln anbringen: »Hier wird nur Deutsch gesprochen«. Was nicht ganz einer Ironie entbehrt: Die Ansage wäre nur für diejenigen klar, die des Deutschen mächtig sind.
Eine Berliner Realschule hat mit ihrem Beschluss, künftig in den Pausen nur noch Deutsch zuzulassen, den Stein ins Rollen gebracht. Seitdem wird landauf und landab darüber diskutiert, ob dies sinnvoll ist. Wie immer sind auch Scharfmacher mit dabei. Der Hamburger CDU-Politiker Robert Heinemann äußerte per Bild: »Schüler, die nicht Deutsch sprechen, sollen den Schulhof fegen«.
Nun ist eine Schule ein anderer Ort als ein Fitness-Studio. Der eine ist eine Bildungseinrichtung mit einem öffentlichen Auftrag, der andere bildet höchstens die Muskeln. Was beide Orte aber wieder vereint, ist der Zwang in Sachen Sprache: Hier und da geht es nicht um Förderung, sondern um Verbote.
In der Debatte stehen sich grundsätzlich zwei Sichtweisen über Sprache gegenüber: Sprache als kulturellem Merkmal und sprachlicher Pragmatismus. Wer Sprache mit Kultur verknüpft, ist schnell auch bei der Identität angelangt. Wer seine Sprache nicht mehr spricht, gilt als assimiliert und entwurzelt. Viele Sprachen gar sind vom Untergang bedroht, weil sie kaum noch jemand sprechen kann. Denn der Assimilationsdruck ist hoch.
Wer Sprache jedoch nicht als zentrales kulturelles Element begreift, kommt zu dem Schluss, dass es sich vor allem um eine soziale Ressource für Lösungen im Alltag handelt. Der Begriff »Verkehrssprache« drückt dies aus, ohne diese Sprache kein Verkehr mit den Verwaltungen oder den Nachbarn falls man nicht in einer Gegend wohnt, wo eben eine andere Sprache als gesetzt gilt.
Sprache sollte sozial geteilt sein. Wer in einem Kontext lebt, muss sich miteinander verständigen können. Doch so einfach ist die Sache nicht: Sprache lässt sich nur schwer von Identität abkoppeln. Das ist auch genau das Problem mit den Deutschkursen für Flüchtlinge oder der Deutschpflicht auf Schulhöfen. Eine kulturelle Entkoppelung findet nicht statt. Dazu passt, dass Flüchtlinge nicht nur die deutsche Sprache lernen sollen sondern auch gleich noch in Staatsbürgerkunde zwangsunterrichtet werden.
Deutschfieber (Teil 2)
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